Generation Oma

Das Methusalem-Komplott geht in die nächste Runde: Jetzt veranstalten die Älteren einen „Großeltern-Gipfel“

In den USA veranstalten Senioren im Mai den ersten internationalen „Großeltern-Gipfel“, sie sollen sich dort über ihre Erfahrungen bei der Aufzucht ihrer Enkelkinder austauschen – laut Brigitte Castellano, Direktorin des „National Committee of Grandparents for Children’s Rights“, würden weltweit Millionen von Kindern von ihren Großeltern aufgezogen.

Nach einer Erhebung aus dem Jahr 2000 befanden sich allein in den USA fast 4,5 Millionen Kinder in der Obhut ihrer Großeltern, 30 Prozent mehr als 1990. Scheidung, Missbrauchsfälle, Inhaftierung der Eltern, wirtschaftliche Schwierigkeiten, Krankheiten – in solchen Fällen springen normalerweise die Großeltern ein. In Afrika, Asien und Lateinamerika gibt es nach UN-Statistiken sogar mehr als 16 Millionen Vollwaisen, vor allem aufgrund der Aids-Epidemie.

Auch in Deutschland ist dank fehlender Krippenplätze die Reproduktion ohne die Generation Großmutter nicht mehr denkbar. Durchschnittlich 35 Stunden wertvolle Lebenszeit investierten die Omas und Opas monatlich in das Wachstum ihrer Kindeskinder.

Freiwillig zumeist, obwohl viele moderne Großeltern mittlerweile lieber ihr eigenes Leben leben wollen, anstatt wie selbstverständlich als genügsame, flexibel einsetzbare Grand-Nannys zur Verfügung zu stehen.

Wenn es jedoch hart auf hart kommt, müssen sie sowieso ran: Per Gesetz sind Großeltern sogar verpflichtet, finanziell für ihre Enkelkinder geradezustehen. Einspringen müssen meist Eltern von „Teenieeltern“, die noch nicht für ihren Nachwuchs sorgen können. Aber auch bei volljährigen Eltern in finanziellen Schwierigkeiten werden die Großeltern zur Kasse gebeten – und zwar alle vier.

Allerdings liegt in diesem Fall der „Selbstbehalt“ höher als bei den Eltern, rund 1.250 Euro statt 890 Euro. Keineswegs müssen Großeltern einen zusätzlichen Job annehmen, wenn ihre Rente zu niedrig für den Unterhalt ist.

Ganz so schlimm ist es in der Regel nicht. Laut einer Umfrage der Zeitschrift Eltern gibt die Mehrheit deutscher Großeltern bloß 200 bis 500 Euro im Jahr für ihre Enkelkinder aus. Eis, Spielzeug, Plunder – ein Schnäppchen, wenn man bedenkt, dass die Kleinen immerhin den eigenen Genpool nach vorne bringen.

Andere Senioren sind spendabler und fahren mit ihren Enkeln sogar in den Urlaub. Die ideale Destination scheint Österreich zu sein. Das Familien-Feriendorf Presseggersee in Kärnten bietet sogar eine „Oma-Opa-&Enkel-Pauschale“ an. Diätmenüs und gleichaltrige Spielkameraden, Rettungsstation und Kinderarzt in der Nähe – es kommt eben auf die Kombination an.

Jenseits der Ferienidylle ist eine solche Einbindung der Großeltern in den autonomen, kleinfamiliären Erziehungsbetrieb oft problematisch. Plötzlich sind die längst überwunden geglaubten Erziehungsmaximen der eigenen Eltern wieder präsent, vom Spinat-aufessen-Müssen bis zum Klatsch auf den Po. Und Großeltern sind nun mal keine Angestellten, die man einfach wieder rauswerfen kann. Ob die fehlenden Krippenplätze etwa auf Kosten des Methusalem-Komplotts gehen? MRE