berliner szenen Workout im Kesselhaus

Mika singt

Fast könnte man meinen, es ist ein Fitnesstrainer, der da auf der Bühne im Kesselhaus rumspringt, die Arme in die Luft wirft und sich in Yoga-ähnliche Positionen bringt. Aber es ist nur der Sänger Mika, das neue große Popding aus England, bei seinem ersten Deutschlandkonzert. Er hat sich hübsch gemacht: Rote Hosenträger verzieren eine Hose, die so eng ist, dass jeder Rennradfahrer neidisch wäre. Und darin bewegt Mika sich so, dass auch John Travolta erblassen würde.

Das Publikum sieht weniger spektakulär aus. Aber mittanzen tut es, nicht nur, als endlich „Grace Kelly“ gespielt wird, der wunderbar pompöse Song, der nur durch Downloads an die Spitze der britischen Charts gelangte. Mika nutzt seinen nicht zu unterschätzenden Stimmumfang voll aus und ruft in tiefsten und in höchsten Tonen: „I tried a little Freddie!“ Man möchte hinzufügen: And a little Robbie, and a little Elton and a little Scissor Sisters, too! Mika ist mehrere Künstler zum Preis von einem.

Zur Zugabe erscheinen er und die Band in Ganzkörpertierkostümen. Das macht wenig Sinn; gejubelt wird trotzdem, denn Berlin ist ja zurzeit besonders tierlieb. „Lollipop“ gerät als einziger Song zu süß. Zuckerwattig zieht sich der Sound durch den Saal, man befürchtet, darin kleben zu bleiben. Und es kommt noch dicker: Riesenkonfetti wird vorn vor der Bühne in die Luft gewirbelt und Riesenluftballons werden hinten von der Tribüne auf das Publikum geworfen. Das kriegen auch die Animateure in Disneyland nicht schöner hin. Alles streckt sich und lässt die Ballons durch den Saal springen. Das ist wahre, kathartische, aggressionshemmende Gruppendynamik. Auf dem Weg zur Garderobe wurde dann auch eindeutig ein bisschen weniger gedrängelt als sonst. LENA HACH