EU will Kooperation

Die Schwarzmeer-Region gewinnt an Bedeutung. Brüssel hofft auf mehr Einfluss durch engere Zusammenarbeit

BERLIN taz ■ Das Schwarze Meer gilt unter Urlaubern als Geheimtipp. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft will sich in der Region in besonderer Weise engagieren – um Tourismus geht es dabei aber nicht. Im Mittelpunkt stehen vielmehr handfeste Interessen: Energieversorgung, Sicherheit und Demokratisierung.

Gestern hat die EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner einen ersten Bericht für eine künftige Schwarzmeerstrategie vorgelegt: Die Kommission setzt dabei vor allem auf grenzüberschreitende Projekte, für die es keine neuen Institutionen braucht. Genannt wurden unter anderem die Bereiche Handel, Umwelt, Transport und Fischerei. Die Kooperation ist kein ausdrückliches Signal für einen künftigen Beitritt, aber auch kein Ersatz. Darauf bestehen sowohl Kommission als auch Ratspräsidentschaft.

Die EU hofft in erster Linie, so auch Einfluss auf andere Bereiche nehmen zu können. Wichtig ist die Region vor allem für die Energieversorgung: Immerhin ungefähr 80 Prozent der Energielieferungen nach Westeuropa gelangen über die Schwarzmeerstaaten an ihren Zielort. Auf Russland allein möchte sich Europa in Fragen der Energieversorgung seit dem Gasstreit mit der Ukraine Anfang 2006 nicht mehr verlassen. Aber: „Gegen die Interessen Russlands wird in der Region nichts laufen“, glaubt Gernot Erler, Staatsminister im Auswärtigen Amt.

In der Region schwelen mit Transnistrien, Südossetien und Abchasien zudem immer noch eingefrorene Konflikte. Erler sieht in der Schwarzmeerkooperation eine Chance, alle beteiligten Staaten an einen Tisch zu bekommen. Auch der FDP-Bundestagsabgeordnete und Europapolitiker Michael Link unterstützt die nicht institutionalisierte Form der Kooperation: „Russland würde nie akzeptieren, dass EU oder Nato in der Region den Hut aufhätten“, glaubt er.

Neue Bedeutung hat die Schwarzmeerregion vor allem seit dem Beitritt von Bulgarien und Rumänien Anfang dieses Jahres erhalten. Diese beiden Länder sollen nun im Rahmen der Schwarzmeerkooperation eine zentrale Rolle spielen. Nach Ansicht Erlers könnte dies eine Chance für die Staaten sein, ihre Rolle in der EU zu finden.

NICOLE MESSMER