Zoo legt Fotografen an die Leine

Fotojournalisten, die Eisbärbaby Knut fotografieren wollen, müssen im Zoologischen Garten einen Knebelvertrag unterschreiben. Er verpflichtet sie, den Zoo „nicht in ungünstigem Licht“ darzustellen

von ULRICH SCHULTE

Der Zoologische Garten versucht, mit einem Knebelvertrag für JournalistInnen unliebsame Berichterstattung zu unterdrücken. Pressevertreter, die über den Zoo und Tiere wie das Eisbärbaby Knut berichten wollen, müssen eine Vereinbarung „über Foto- und Filmaufnahmen im Zoo Berlin/Zoo-Aquarium“ unterschreiben. Per Unterschrift verpflichten sie sich, „die Aufnahmen nicht für Darstellung [sic!] zu verwenden oder zu überlassen, die die Zoologischer Garten Berlin AG oder ihre Mitarbeiter in einem ungünstigen Licht erscheinen lassen“. Wer das Papier, das der taz vorliegt, nicht unterschreibt, muss im Zweifel draußen blieben.

Die Vereinbarung, die nichts anderes ist als ein plumper Zensurversuch, bekommt in diesen Wochen besondere Brisanz. Hunderte deutsche und ausländische Journalisten berichten über Knut und den Besucherandrang. Von der taz auf die Vereinbarung aufmerksam gemacht (siehe Text rechts), übt der Deutsche Journalistenverband (DJV) scharfe Kritik an dem Vertrag: „Der Berliner Zoo hat nicht das Recht, in die Freiheit der Berichterstattung einzugreifen“, sagt DJV-Bundeschef Michael Konken. Gerade vor dem Hintergrund der internationalen Sympathiewelle für Knut seien Knebelverträge für Journalisten nicht nachvollziehbar. „Der Zoo muss künftig alle Versuche unterlassen, Berichterstattung zu steuern.“

Vom Zoo selbst war gestern keine Stellungnahme zu bekommen. Laut einer Mitarbeiterin war die Klausel die Idee des Zoo-Vorstandes Gerald Uhlich – und der sei erst nächste Woche zu erreichen. Neben der strittigen Formulierung regelt die Vereinbarung auch andere Punkte. Zum Beispiel dürften Aufnahmen nur für die Berichterstattung verwendet werden, nicht etwa für Werbezwecke. Auch seien die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beachten.

Ob der Knebelvertrag tatsächlich die vom Zoo gewünschte Wirkung hat – nämlich nur „positive“ Bildberichterstattung –, ist fraglich. Die Bildredaktion der Nachrichtenagentur AP liefert täglich 200 internationale und nationale Fotos an deutsche Medien. Ihre Fotografen dürfen solche Verträge generell nicht unterschreiben. „AP ist stark auf die Pressefreiheit bedacht und fährt eine klare Linie“, sagt Barbara Bylek, Chefin vom Dienst in der Frankfurter Zentrale. Ähnliche Versuche, Fotoberichterstattung zu steuern, kämen aber öfter vor – vor allem von Konzertagenturen oder dem Management bekannter Künstler.

Ein Beispiel lieferte Popstar Robbie Williams im Sommer 2006 bei seiner Deutschland-Tournee. Das Konzert-Management versuchte, Fotografen Bedingungen für die Berichterstattung zu diktieren. Sie sollten etwa unter Androhung einer Vertragsstrafe die Bildrechte nach der Veröffentlichung kostenlos an das Management abtreten. Mehrere Zeitungen und Agenturen boykottierten daraufhin Konzerte. „Die Solidarität der Agenturen funktioniert“, sagt AP-Journalistin Bylek. „Wenn Medien ihre Position konsequent vertreten, werden solche Verträge meist zurückgezogen.“

Auch der DJV glaubt nicht an die Wirksamkeit der Vereinbarung. Zwar sei der Unterzeichner an einen Vertrag juristisch gebunden, der Zoo könne also theoretisch auf positiver Berichterstattung bestehen, so Sprecher Hendrik Zörner. „In der Praxis wird er das aber nicht tun. Die öffentliche Aufregung ist schließlich tödlich fürs Image.“