Streit um historische Mitte Berlins: Marx bringt Senat auf Ideen

Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer fordert Vorschläge fürs Marx-Engels-Forum. Sie selbst kann sich dort die geplante Kunsthalle vorstellen. Grüne motzen: "Täglich neues wirres Zeug"

Inspiriende Genossen: Marx und Engels auf ihrem Plätzchen am Roten Rathaus Bild: DPA

Die Senatsmitglieder entwickeln offenbar jeden Tag neue Ideen, den ungeliebten, weil sozialistischen Städtebau in der historischen Mitte umzugestalten. Am Montag sprach sich Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) dafür aus, die freie Fläche zwischen dem Marx-Engels-Forum, dem Rathaus- und Alexanderplatz zu verändern. Der Stadtraum verdiene als Zeugnis der DDR-Vergangenheit zwar "Respekt". Gleichwohl dürfe dies nicht dazu führen, dass die Areale städtebaulich sakrosankt blieben. "Der Grünraum dort ist nicht für ewig unverzichtbar und unveränderbar", einzelne Bauwerke aus DDR-Zeiten auch nicht, sagte die Senatorin im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses.

Junge-Reyer widersprach damit den Plänen ihres eigenen Hauses, das die Fläche des Marx-Engels-Forums als grünen Stadtraum zu erhalten gedenkt. Zugleich heizte ihre Aussage die Debatte über den zukünftigen Umgang mit der historischen Mitte weiter an. Zuletzt hatten der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Kulturstaatssekretär André Schmitz (beide SPD) angeregt, den weiträumigen Rathausplatz zu rekonstruieren.

Im Ausschuss rückte die Senatorin von zuvor in der Presse geäußerten Plänen für die Stadtmitte auch teilweise wieder ab. Ihre Überlegungen, einen Neubau für die Zentral- und Landesbibliothek auf dem Marx-Engels-Forum zu errichten, seien missverständlich gewesen. Nicht ein "konkretes Projekt", sondern "die Dimension und Baumassen" für den Ort habe sie ins Gespräch bringen wollen, sagte Junge-Reyer. Die Stadt sollte für "viele Ideen über eine zukünftige Nutzung am Marx-Engels-Forum offen sein". Mit der Bibliotheks-Idee war Junge-Reyer Wowereit in die Quere gekommen. Der hatte noch vor wenigen Tagen den Flughafen Tempelhof als Standort für den Neubau der Bibliothek genannt.

Dagegen bekräftigte die Senatorin die Ansicht, das Marx-Engels-Forum als Standort für die geplante Kunsthalle zu nutzen. Für die Mitte der Stadt seien nun "Vorschläge und Leitbilder gefragt". Ihr Eintreten für eine Kunsthalle bilde eine Idee dafür. Sie hatte angeregt, die Fläche mit Solitären - darunter eine Kunsthalle - zu bebauen. "Aber in einer modernen Architektur. Das pure Nachbauen einer Altstadtsituation des 18. Jahrhunderts ist nicht die richtige Antwort", so Junge-Reyer.

CDU-Kulturexperte Uwe Lehmann-Brauns bemängelte das Hin und Her von Vorschlägen. "Wir haben ein vielstimmiges Konzert, aber kein Konzept", sagte er. Grünen-Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig kritisierte, dass "die rot-rote Führungselite, ohne irgendein Planungsverfahren zu organisieren, täglich neues wirres Zeugs in die Welt setzt". Es müsse jetzt endlich "Schluss mit der Konfusion sein", erklärte Eichstädt-Bohlig.

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