So funktioniert Cross-Border-Leasing: Nur die halbe Miete

Das Modell des Cross-Border-Leasings birgt unkalkulierbare Risiken - letztlich für den Steuerzahler.

Es klang wie ein Märchen: Deutsche Kommunen vermieteten ihre Straßen, Rathäuser, Schulgebäude, Messehallen und Kanalnetze über eine Dauer von mehreren Jahrzehnten an Unternehmen in den USA. Gleichzeitig mieteten sie sie wieder zurück. In der Realität änderte sich dadurch nichts - die Infrastruktur wurde weiterhin benutzt wie bisher. Nach deutschem Recht blieb die Kommune auch Eigentümer der Anlagen. Nach US-Steuerrecht wurde dagegen das Unternehmen der wirtschaftliche Eigentümer - und konnte dadurch den Wert der Anlagen abschreiben. Diese Abschreibungen verringerten den Gewinn des Unternehmens. Und weniger Gewinn bedeutet, dass weniger Steuern an den US-Fiskus zu zahlen sind.

Diese gesparten Steuerzahlungen teilten sich das Unternehmen und die Kommune untereinander auf. Das Land Berlin hat also von einem Steuerschlupfloch in den USA profitiert - das Geld, das in die Stadt floss, fehlt in den öffentlichen Haushalten der USA.

Mehrere hundert Kommunen in Deutschland haben versucht, sich auf diese Art und Weise zu bereichern. Die Steuerbehörden in den USA erreichten schließlich eine Gesetzesänderung durch den Kongress, der das Steuerschlupfloch im Jahr 2004 schloss. Neue Geschäfte sind darum nicht mehr möglich.

Es bleiben aber noch die Risiken aus den bereits abgeschlossenen Geschäften. In Berlin sind auch die Messehallen 1 bis 7 hin- und zurückvermietet; mit diesen bis zum Jahr 2029 laufenden Verträgen hat das Land einen Gewinn von 66 Millionen Euro gemacht.

Die taz war im August 2003 die erste Zeitung, die über das Cross-Border-Leasing bei der BVG berichtete. Die Senatsverwaltung für Finanzen wollte seinerzeit Anfragen zu Details des Geschäftes "aus Vertraulichkeitsgründen" nicht beantworten. Der SPD-Abgeordnete Stefan Zackenfels meinte damals, das könne womöglich auch daran liegen, dass die Verwaltung "überfordert ist, die ganze Tragweite und die rechtlichen Verästelungen zu durchdringen".

Zum Problem wird: Das Geld, mit dem die BVG ihre Bahnen zurückmieten will, ist unsicher angelegt, nämlich zum Teil auch in genau den Papieren (Collateralized Debit Obligation), die die weltweite Finanzkrise ausgelöst haben und die derzeit so gut wie unverkäuflich sind. Und darunter sind auch Papiere von Banken, die es zum Teil nicht mehr gibt. "Unter diesen Adressen finden Sie solche wunderbaren Namen wie AIG, Washington Mutual und Lehman Brothers", so Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD). Der US-Versicherungskonzern AIG ist nach erheblichen Problemen verstaatlicht, die Washington Mutual wurde an eine andere Bank notverkauft, Lehmann Brothers ist pleite. Theoretisch besteht auch das Risiko eines Totalverlusts, warnt Sarrazin. Dann müsste das Land einspringen.

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