Europa: "Abschiebung nur in besonders harten Fällen"

Im Prinzip dürfen sich EU-Bürger in jedem Mitgliedsstaat niederlassen, sagt Ephim Grosman vom Europäischen Informationszentrum. Arbeitslose müssen belegen, dass sie genug Geld für den Lebensunterhalt haben.

taz: Herr Grosman, was bedeutet "Freizügigkeit"?

Ephim Grosman: Freizügigkeit ist das Recht eines jeden EU-Bürgers, in jedem Mitgliedsstaat unter gleichen Bedingungen wie einheimische Arbeitskräfte tätig zu sein, zu leben und in den Genuss der sozialen Vergünstigungen des Aufenthaltsorts zu kommen.

Wann und wo müssen in Berlin lebende EU-Bürger ihren Wohnsitz anmelden?

Eine Einreise und ein Kurzaufenthalt sind visumfrei. Hat man vor, sich länger als drei Monate in Deutschland aufzuhalten, gilt auch für EU-Bürger die allgemeine Meldepflicht. Außerdem sollte man sich eine Freizügigkeitsbescheinigung ausstellen lassen.

Wo bekommt man die?

Die Freizügigkeitsbescheinigung gilt als Nachweis über das gemeinschaftsrechtliche Aufenthaltsrecht. Man erhält sie nach Vorlage des Personalausweises und Abgabe einer Erklärung bei der Ausländerbehörde. Meistens wird dies zusammen mit der polizeilichen Meldung im Einwohnermeldeamt erledigt.

Aber arbeiten dürfen in Deutschland alle EU-Bürger, solange sie wollen?

Einschränkungen gibt es momentan noch für Menschen aus den neuen Mitgliedsstaaten. Diese dürfen eine unselbstständige Beschäftigung nur mit Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit ausführen. Diese Übergangsregelung betrifft nicht Malta und Zypern.

Gibt es für Selbstständige und Arbeitslose Sonderregeln?

Eine selbstständige Tätigkeit bedarf keiner Arbeitserlaubnis, muss jedoch bei der Gewerbemeldestelle oder beim Ordnungsamt angemeldet werden. Als Arbeitsloser muss man belegen können, dass man über ausreichende Existenzmittel, also monatlich mindestens 345 Euro plus Miete und Krankenversicherungsschutz, verfügt.

Wer hat Anspruch auf Sozialhilfe?

Ob man berechtigt ist, wird überprüft und individuell entschieden. Als Arbeitsuchender, direkt nach der Einreise, hat man keinen Anspruch.

Muss ausreisen, wer nicht für seinen Lebensunterhalt aufkommen kann?

Wenn man keinen Anspruch auf Sozialhilfe beziehungsweise ALG II hat und auch nicht selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen kann, besteht die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise.

Und wenn er nicht freiwillig geht, darf der deutsche Staat einen EU-Bürger dann in sein Herkunftsland abschieben?

Eine Abschiebung darf nur in besonders harten Fällen, in denen die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit betroffen ist, erfolgen.

Ist die Aufenthaltsdauer in Deutschland begrenzt?

Nach fünf Jahren ununterbrochenen Aufenthalts erwirbt man automatisch das Daueraufenthaltsrecht.

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