Räumung: Abschied vom Garten der Träume

Die Polizei räumt den Gemeinschaftsgarten "Rosa Rose"in der Kinzigstraße - auf Antrag des neuen Besitzers, der dort bauen möchte.

Die Kettensäge heult kurz auf. Es dauert einige Minuten, dann haben die vier Bauarbeiter die selbstgezimmerte Getränkebar des Nachbarschaftsgartens "Rosa Rose" zerlegt. Am Freitagmorgen um sieben Uhr war die Polizei angerückt und hatte den Garten in der Kinzigstraße geräumt. Die Gartennutzer sind fassungslos. "Ich bin erschüttert, wie hier vorgegangen wird", sagt Helga Locher.

Ungefähr 30 Gartennutzer protestieren gegen die Räumung. "Wir haben eine Kette gebildet, um den Garten zu schützen", sagt Locher. Doch die Polizei habe diese "ziemlich brutal" aufgelöst. Laut Polizei sind etwa 30 Beamte im Einsatz. "Es gab zwei Festnahmen zur Identitätsfeststellung", sagt eine Sprecherin. Sie schätzt die Lage nach Beginn der Bauarbeiten als ruhig ein.

Im Mai 2004 haben einige Bewohner der Kinzigstraße die brachliegenden Grundstücke Kinzigstraße 11, 13 und 15 von Müll befreit und einen Garten angelegt. "Im dicht bebauten Friedrichshain war der Garten ein wichtiger Kommunikationsort - eine grüne Oase für alle", sagt Locher.

Entsetzt sehen die Nutzer am Freitag zu, wie eine Baufirma den Garten einzäunt. Auch der Wetterschutz für den Lehmofen fällt der Kettensäge zum Opfer. Mit einem Bagger prüfen Bauarbeiter, wie tief das Fundament des Nachbarhauses reicht - der Besitzer will auf dem Grundstück ein Wohnhaus errichten. Steffen Kreutzer hat das Grundstück im Sommer 2007 bei einer Zwangsversteigerung erworben. Zu Gesprächen mit der Gartengruppe ist er nicht bereit.

"Sicher hat der Eigentümer das Recht, sein Grundstück zu schützen", sagt Locher, "aber er zerstört damit bürgerschaftliches Engagement." Sie wirft dem Eigentümer Verantwortungslosigkeit vor. "Er schützt nicht einmal die Pflanzen auf dem Grundstück." Nach einigen Verhandlungen mit der Polizei übernimmt das ein Mitglied der Gartengruppe. Mit einer Schaufel rettet der Mann die Pflanzen aus dem Staudenbeet.

Die internationale Zusammensetzung der Gartengruppe ist von Senat und Bezirk als gelungenes Beispiel für Integration gelobt worden. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hatte Kreutzer im Vorfeld aufgefordert, von einer Räumung abzusehen, bis er eine Baugenehmigung habe. Diese musste jedoch laut Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) am Montag erteilt werden. "Die Räumung ist ein bedauerliches Ergebnis", so Schulz. Er hatte versucht, zwischen beiden Parteien zu vermitteln. Sein Vorschlag, die Initiative sollte gemeinsam mit Kreutzer die Grundstücke 13 und 15 erwerben, wurde jedoch von beiden Seiten abgelehnt.

Am späten Vormittag machte Schulz sich selbst ein Bild von der Lage vor Ort und sprach mit der Initiative über das weitere Vorgehen. Schulz plant ein Schreiben an das Abgeordnetenhaus. "Wir brauchen eine Koordinierungsstelle für Nachbarschaftsprojekte beim Senat, damit wir sie in Zukunft besser unterstützen können", sagt der Bezirksbürgermeister. Außerdem hält er einen Fonds für sinnvoll, mit dem die Stadt kleinere Grundstücke wie die Kinzigstraße 11 aufkaufen könne.

"Wir werden versuchen, unser Nutzungsrecht rückwirkend geltend zu machen", kündigt Frauke Hehl von der Gartengruppe an. Laut Locher plant die Gartengruppe außerdem, dem Heimatort Kreutzers einen erneuten Besuch abzustatten. "Wir wollen Präsenz zeigen." Bereits drei Mal habe sie in Luhme bei Rheinsberg demonstriert. Die Gartengruppe hätte ihren Garten gerne selbst erworben. "Aber für eine ehrenamtliche Initiative ist es eben schwierig, 400.000 Euro zusammenzubekommen", sagt Hehl. Außerdem habe die Gruppe von dem Versteigerungstermin einfach nichts gewusst.

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