Streit um Mayday-Demo: Auf der Straße gibts keine Krise

Am 1. Mai wollen alle mitdemonstrieren: Gewerkschaften, Parteien und linke Gruppen planen Veranstaltungen. Darunter sind auch Proteste gegen ein Fest der NPD. Streit um Mayday-Demo.

Punk gegen Polizei am 1. Mai 2004 in Berlin Bild: AP

In diesem Jahr ist das 1.-Mai-Programm noch vollgepackter: Neben den üblichen Gewerkschafts-, Partei- und Antifa-Demonstrationen will auch die NPD mit einer Kundgebung in Köpenick auf die Straße gehen - und zieht damit Gegenprotest auf sich. Für Unterhaltung und politische Agitation ist also den gesamten Tag gesorgt.

Gewerkschaften

"Arbeit für alle bei fairem Lohn!" lautet das diesjährige Motto des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Und der wartet gleich mit einem ganzen Bündel an Veranstaltungen auf. Dazu gehören unter anderem ein Fahrrad- und Motorradkorso, eine Skater-Demo und auch ein ganz normaler Demonstrationszug zum Mitlaufen.

Treffpunkt für alle ist um 9 Uhr am DGB-Haus am Wittenbergplatz, eine Stunde später geht es auf unterschiedlichen Routen los in Richtung Brandenburger Tor. Auf dem Platz des 18. März beginnt um 11.30 Uhr ein Bühnenprogramm mit Reden, Livemusik und Kabarett, auf der Straße des 17. Juni soll es währenddessen ein Familienprogramm geben. Sind für die Demonstrationen "auf Rädern" insgesamt 900 Teilnehmer angemeldet, erwarten die Gewerkschaften zu ihrem zentralen Protestmarsch rund 15.000 Menschen.

NPD-Gegendemo

Auch die Rechtsextremen wollen am 1. Mai mitmischen. Die NPD will ab 11 Uhr unter dem Motto "Kampf und Arbeit unentwegt" mit einer Kundgebung und einem Straßenfest samt Bühnen- und Kinderprogramm vor ihrer Köpenicker Bundeszentrale aufwarten. "Wir erwarten 800 bis 1.000 Besucher", erklärt NPD-Sprecher Klaus Beier.

Gegen die NPD-Veranstaltung organisiert sich bereits vielfältiger Widerstand. Ab 10 Uhr mobilisiert ein linkes Bündnis zum S-Bahnhof Köpenick, um das NPD-Fest zu blockieren. Antifas, Gewerkschaften, Hochschulasten sowie Linkspartei und Grüne rufen zum Protest auf. "Wir nehmen es nicht hin, dass sich Neonazis in unserer Mitte bei Bier, Bratwurst und Hetzmusik über weitere Untaten verständigen", sagt Sebastian Lorenz, Sprecher der Antifaschistischen Linken Berlin. "Gemeinsam wollen wir das NPD-Fest blockieren und verhindern." Lorenz rechnet mit rund 1.000 Demonstranten. Das letzte Mal versuchte die NPD im Jahr 2004 in Berlin zum 1. Mai aufzumarschieren: Aufgrund massiver und teils gewalttätiger Gegenproteste musste die Polizei damals die Demo der Rechtsextremen vorzeitig beenden.

Die 13-Uhr-Demo

Unter dem Motto "Keine Befreiung ohne Revolution" wollen unter anderem türkische Kommunisten um 13 Uhr auf die Straße gehen. Die Organisatoren, die sich in der Tradition der 1.-Mai-Demonstrationen seit 1987 sehen, fordern in ihrem Aufruf unter anderem eine Gesellschaft ohne Kriege und ohne Gewalt zwischen Menschen sowie den Abzug der Truppen aus dem Irak und Afghanistan. Die Demonstration beginnt am Kreuzberger Oranienplatz.

Mayday

Zehn Tage vor dem 1. Mai gehen die Konflikte um die Demorouten los. Den Anfang macht in diesem Jahr die Mayday-Parade. Mit 7.000 Teilnehmern wollten die Organisatoren um 13.30 Uhr Unter den Linden in Höhe Bebelplatz starten. Im Anschluss wollten die Demonstranten durch Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg laufen - unter anderem über die Friedrichstraße. Das habe die Polizei nun im Anmeldergespräch untersagt und das Verbot auch gleich auf die benachbarte Charlottenstraße ausgedehnt, teilen die Organisatoren mit.

Die Polizei begründe die Entscheidung unter anderem mit den auf der Friedrichstraße vorhandenen U-Bahn-Eingängen, die für den Protestzug gesperrt werden müssten, und beruft sich damit auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtes zur linken "Wir zahlen nicht für Eure Krisen"-Demonstration vom 28. März. Das Gericht hatte damals eine Route über die Friedrichstraße mit Blick auf die verkehrstechnische Situation untersagt.

Die Mayday-Veranstalter sehen nun im Bereich Friedrichstraße/Charlottenstraße "das grundgesetzlich verankerte Demonstrationsrecht außer Kraft gesetzt" und planen, juristisch dagegen vorzugehen. Bei der Polizei wiegelt man ab: Noch sei nichts entschieden. Über die Route werde in "guten und intensiven Gesprächen" verhandelt, so Polizei-Sprecher Bernhard Schodrowski.

Myfest

Bereits zum siebten Mal wird am 1. Mai in Kreuzberg auch gegrillt, getanzt und ausgiebig flaniert: Rund um die Oranienstraße findet auch in diesem Jahr wieder das Myfest statt. Im vergangenen Jahr strömten zehntausende Besucher auf das Straßenfest. Diesmal gibt es 17 Bühnen mit knapp 600 Künstlern und einem politischen Motto: "Gegen Verdrängung, Ausgrenzung und Diskriminierung".

"Wir wollen, dass niemand aus Kreuzberg verdrängt wird", sagt Myfest-Organisatorin Silke Fischer. Konkret will man sich für den Erhalt des Kreuzberger Konzertschuppens SO36 einsetzen, das momentan mit Lärmschutzauflagen und Finanzsorgen kämpft. Der Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne), setzt auf das Myfest: "Wir hoffen, damit wieder die Rahmenbedingungen für einen friedlichen 1. Mai geschaffen zu haben."

Die 18-Uhr-Demo

Den Tagesabschluss wird wie in den vergangenen Jahren die "revolutionäre 1.-Mai-Demo" um 18 Uhr bilden. Mehr als 20 Antifa-Gruppen wollen unter dem Motto "Kapitalismus ist Krise und Krieg - für die soziale Revolution" auf die Straße gehen. Gerade in Zeiten der Finanzkrise wolle man Perspektiven jenseits des Kapitalismus aufzeigen, erklärt Sebastian Lorenz, Sprecher der Antifaschistischen Linken Berlin. Lokal richte sich der Widerstand gegen Privatisierung, Stadtumstrukturierung und die Verdrängung alternativer Hausprojekte.

Die Veranstalter erwarten mindestens 8.000 Teilnehmer. Die Demo soll vom U-Bahnhof Kottbuser Tor durch das Kreuzberger Myfest-Gelände nach Nordneukölln und zurück zum Kottbuser Tor ziehen. "Wir organisieren eine politische Demonstration und keine Randale, daher gehen wir nicht von einem unfriedlichen Verlauf aus", so Lorenz. Die Polizei schenkt dem vorerst Glauben - und setzt wie in den vergangenen Jahren auf Deeskalation. "Unser Konzept der ausgestreckten Hand ist alternativlos", so Polizei-Sprecher Bernhard Schodrowski.

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