Berliner Umweltschützer zum Klimagipfel: "Auf lokaler Ebene geht mehr"

Eine Lehre aus dem Gipfeldebakel: Berlin sollte sich in der Energiepolitik stärker mit Brandenburg vernetzen, fordert Robert Pörschmann vom BUND.

Klimaprotest vor dem Reichstag in Berlin Bild: AP

taz: Herr Pörschmann, der Kopenhagener Klimagipfel ging zu Ende, ohne dass sich die Staaten auf Ziele oder Maßnahmen geeinigt haben. Haben Sie dieses Nicht-Ergebnis erwartet?

Robert Pörschmann: Ich denke, dass auf jeden Fall viel mehr drin war. Schließlich gab es jahrelange Vorbereitungen von Seiten der Regierungen, aber auch von Nichtregierungsorganisationen. Alle haben wahnsinnig viel in die Vorbereitung dieses Gipfels investiert und letztlich auch in den Gipfel selbst. Wenn dann am Ende so gar nichts heraus kommt, ist das schon sehr enttäuschend.

Im Klimaschutz heißt es immer: "think globally, act locally", also global denken, lokal handeln. Sind jetzt die lokalpolitischen Akteure, zum Beispiel Städte, gefragt?

Ja, das muss die Konsequenz sein. Denn dass Kopenhagen so fehlgeschlagen ist, zeigt auch, dass solche großen Konferenzen, die auf Konsens angelegt sind, aber dabei unheimlich vielfältige Interessen zusammenbringen müssen, nur auf einen Minimalkonsens hinauslaufen können. Lokalpolitische Akteure können da mehr bewegen.

Zum Beispiel?

In Berlin wurde dieses Jahr ohne große Konferenz ein Kohlekraftwerk verhindert. Das war ein großer Erfolg.

Aber auch eine Ausnahme.

Es zeigt, dass es etwas bringt, wenn sich Menschen vor Ort zusammentun. Jeder Einzelne ist gefragt, sich zu engagieren. Das können ganz kleine Schritte sein, zum Beispiel Nachbarschaftsinitiativen, die Ökokieze gründen.

Und in der Landespolitik?

Auf lokaler Ebene geht es zunächst darum, sich über Ziele klar zu werden. Das ist in Berlin bereits passiert. Es gibt das Ziel, die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren, im Vergleich zu 1990. Danach müsste die Politik jetzt alles ausrichten. Zum Beispiel muss das angekündigte Klimaschutzgesetz kommen. Berlin sollte sich, was die Energiepolitik angeht, auch viel stärker mit Brandenburg vernetzen. Erneuerbare Energien können in einem Flächenland ganz anders realisiert werden.

Mit den konkreten Reduktionszielen steht Berlin ganz gut da?

Ich denke, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass jede Region und jedes Land Konsequenzen aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen zieht, die ja seit langem vorliegen. Jetzt kommt es aber auf die Taten an. Berlin ist sicherlich weit, was zum Beispiel die Nutzung von Abwärme bei den Kraftwerken angeht - aber die laufen immer noch auf Basis fossiler Rohstoffe. Darauf darf man sich nicht ausruhen, sondern muss den Schritt in Richtung erneuerbarer Energien gehen. Es gibt nur eine einzige Windkraftanlage in Berlin, das sagt schon alles. Und auch der Anteil an Photovoltaik ist verschwindend gering. Ein großer Teil des Potenzials ist ungenutzt.

Erwarten Sie, dass es bei den Klima-Konferenzen, die 2010 in Bonn und Mexiko stattfinden, eine Einigung über konkrete Reduktionsziele geben wird?

Ich befürchte, die Interessen sind einfach zu verschieden - das zeigen die Klimakonferenzen der vergangenen 17 Jahre. Vielleicht muss man auch über ganz neue Formen von Abkommen nachdenken, etwa auf freiwilliger Basis mit einem Belohnungssystem. So könnten diejenigen, die etwas tun wollen, voran gehen. Und diejenigen, die bremsen, sind einfach nicht dabei.

Interview: Svenja Bergt

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