Grüne: Auf Platz zwei wird es eng

Der Grünen-Politiker Özcan Mutlu will in den Bundestag. Er sieht sich als jemand, der die Themen Bildung und Integration gut verkörpern kann - außerdem habe er die gleichen Stärken wie Barack Obama.

Özcan Mutlu (links) mit Hans-Christian Ströbele Seite an Seite im Wahlkampf - und bald auch zusammen im Bundestag?

Özcan Mutlu will es wissen. Wenn die Grünen am kommenden Sonntag ihre Kandidaten für die Bundestagswahl im Herbst 2009 aufstellen, hätte der 40-Jährige gerne einen aussichtsreichen Listenplatz. "Ich überlege ernsthaft, für Platz zwei zu kandidieren", sagte Mutlu der taz. Ursprünglich hatte er eine Bewerbung für Platz vier der Liste eingereicht. Anschließend hätten ihn jedoch "viele Freunde ermutigt, weiter vorne anzutreten". Denn für Berlin sitzen derzeit nur drei Grünen-Abgeordnete im Bundestag - Listenplatz vier hat schlechte Chancen.

Mutlu macht damit eine Kampfansage an Wolfgang Wieland. Der 60-Jährige war in den neunziger Jahren Fraktionsvorsitzender der Grünen und später kurz Justizsenator. Im Jahr 2005 kam Wieland über Listenplatz zwei in den Bundestag, für diesen Platz hat er sich auch jetzt wieder beworben.

"Wir sind eine basisdemokratische Partei, wo niemandem ein Listenplatz gehört", sagt Mutlu. "Ich schätze Wolfgang Wieland, aber es gibt auch viele gute Gründe für mich", sagt er gewohnt selbstbewusst: "Ich bin ein authentisches Gesicht, dass die gesellschaftlichen Realitäten der Republik wiederspiegelt."

Mutlu wurde in der Türkei geboren und lebt seit 1973 in Kreuzberg. Seit Jahren sind Bildung und Integration seine Schwerpunktthemen. "Es gibt kaum jemanden bei uns Grünen, der diese Themen so stark mit seiner eigenen Biographie verkörpert wie ich", sagt er.

Im Bundestag will er sich dafür einsetzen, dass der Bund wieder mehr bei der Bildung mitreden kann: "Die Föderalismusreform hat die Kleinstaaterei gefördert. Das war falsch, wie der gescheiterte Bildungsgipfel zeigt." Außerhalb der Schulen könne der Bund bereits jetzt etwa bei der Bildung in den Kindergärten und Hochschulen Einfluss mitreden - und sollte das auch stärker tun, findet Mutlu: "Es geht darum, Bildungsgerechtigkeit in unserem Land herzustellen. Dafür müssen wir die Bildungseinrichtungen qualitativ und personell stärken." Die Bildungsausgaben sollen nicht nur trotz sinkender Schülerzahlen stabil bleiben - zusätzlich sollen auch überschüssige Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag in die Bildung fließen.

Noch ein Argument hat Mutlu für sich und gegen Wieland. Denn für die Bundestagsliste der Grünen gilt Renate Künast auf Platz eins als gesetzt. Außerdem wird damit gerechnet, dass Hans-Christian Ströbele wieder das Direktmandat in Friedrichshain-Kreuzberg holt. Beide sind Anwälte. "Wir haben schon zwei Juristen im Bundestag und brauchen nicht unbedingt einen dritten", sagt Mutlu. Es gebe in der grünen Fraktion genug Rechts- und Innenpolitiker.

Derzeit verfolgt Mutlu in Ohio den US-Wahlkampf. Vor allem der Kandidat der Demokraten, Barack Obama, hat es ihm angetan: "Es gelingt ihm, alle Gruppen der Gesellschaft zu erreichen und zu gewinnen. Die Menschen können sich mit seiner Politik identifizieren. So müsste es auch bei uns laufen. Die Politik muss sich stärker um die konkreten Probleme der Menschen kümmern, mit ihnen in den Dialog treten und Lösungen anbieten. Das ist meine Stärke."

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