Waldzustandsbericht: Bäume sind ganz schön gestresst

Nur ein Drittel der Bäume in Berlin und Brandenburg gilt als gesund. Vor allem den Laubbäumen macht der Klimawandel zu schaffen. Experten wollen Pflanzensamen vom Schwarzen Meer testen.

Herbst in Tiergarten Bild: Reuters

Im Januar tobte der Sturm Kyrill, im April fiel kaum Regen, im Mai ergoss sich schließlich eine kleine Sintflut über das Land. Für die Bäume ist die extreme Witterung dieses Jahres purer Stress: In der Region Berlin-Brandenburg sind lediglich 32 Prozent der Wälder ohne Schäden, im Jahr 1999 waren es noch 57 Prozent. Das gab Brandenburgs Agrarminister Dietmar Woidke (SPD) am Dienstag in Potsdam bei der Vorstellung des Waldzustandsberichts 2007 bekannt. Besonders dramatisch ist die Lage in Berlin: Ein Drittel des Hauptstadt-Waldes gilt als deutlich geschädigt, lediglich zehn Prozent der Bäume sind gesund.

Das liegt auch daran, dass in Berlin der Anteil der Laubbäume größer ist als in Brandenburg mit seinen ausgedehnten Kiefernwäldern. Eichen und Buchen macht das wechselhafte Wetter besonders zu schaffen. Bei großer Trockenheit produzieren die Bäume Stresshormone wie Menschen Angstschweiß, sagte Michael-Egidius Luthardt, Referatsleiter für Waldökologie im Brandenburger Forstministerium. Wenn das Immunsystem der Bäume angegriffen sei, würden auch mehr Insekten über sie herfallen. Luthardt befürchtet noch Schlimmeres: "Bei steigenden Temperaturen kann es langfristig zu einer Verschiebung der Artengrenzen nach Norden kommen."

Sind die heimischen Laubbäume vom Klimawandel überfordert? Für Ralf Kätzel von der Landesforstanstalt Eberswalde ist das vor allem eine Frage der Geschwindigkeit. "Die Anpassungsfähigkeit der Bäume ist enorm hoch. Wenn der Temperaturanstieg aber zu schnell geht, haben sie keine Chance."

Die Ergebnisse des neuen Berichts geben auch denen zu denken, die den Nadelwald in der Region zu einem Mischwald umbauen wollen. Vier Fünftel der Brandenburger Bäume sind Kiefern. Seit Anfang der 90er-Jahre ist es das erklärte Ziel der Politik, diese Monokultur aufzubrechen und die Kiefern mit anderen heimischen Baumsorten zu mischen. Man hofft, die Anfälligkeit des Waldes für Schädlinge, Brände oder Stürme auf diese Weise zu verringern. Doch nun sind es gerade die Kiefern, die im Waldzustandsbericht gut abschneiden: Nur jede Zehnte ist deutlich beschädigt, sieben Prozent weniger als im Vorjahr. Geht der Waldumbau also in die falsche Richtung?

Das will Ralf Kätzel so nicht sagen. "Monokulturen sind nie eine Lösung." Doch er räumt ein, dass die Laubbaumarten, die derzeit in der Region verbreitet sind, möglicherweise wenig Zukunft haben. "Wir wollen deshalb Eichen testen, die in trockenen Gebieten wachsen wie beispielsweise südlich vom Schwarzen Meer." Laubbäume nichtdeutscher Herkunft seien für Trockenheit und Wärme vielleicht besser gerüstet.

Auch Luthardt hält am Waldumbau fest. Seiner Ansicht nach sollte man alle möglichen Bäume pflanzen: Linden, Eichen, Rotbuchen. "Dann hat man die Chance, dass zumindest ein oder zwei Arten den Klimawandel überstehen."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.