Supermoderne Hallen für Berliner Kunst: Berlin baut Bilbao

Am Berliner Hauptbahnhof sollen die neue Kunsthalle und ein privates Kunstmuseum entstehen. Als Investor wird Nicolas Berggruen gehandelt.

Mitreißendes Vorbild für Berlin: Das von Frank O. Gehry entworfene Guggenheimmuseum in Bilbao Bild: Reuters

Es muss mindestens so verrückt aussehen wie das Guggenheimmuseum von Frank Gehry in Bilbao, was ab 2010 rund um den nördlichen Humboldthafen gebaut werden soll: Städtebau von hoher Qualität, zwei moderne Ausstellungsgebäude - für die Berliner Kunsthalle sowie der "Kunstort" für einen privaten Sammler - samt Promenaden und Häuser für Büros und Wohnungen am Wasser.

"Bilbao wäre toll für Berlin." Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister, und Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge Reyer (beide SPD) waren gar nicht zu bremsen, als sie am Dienstag die Agenda für das 12.000 Quadratmeter große Gelände gegenüber dem Hauptbahnhof vorstellten. Ab sofort werde für den Verkauf der insgesamt 48.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche ein Vergabeverfahren initiiert, so Junge-Reyer. Mitte 2009 soll über den Investor entschieden werden. Danach könnten die Architektenwettbewerbe stattfinden und ab 2010 gebaut werden. An der Attraktivität der Flächen ließ Junge-Reyer keinen Zweifel: "Der Humboldthafen ist einer der begehrtesten Standorte Berlins." Sie sehe kein Problem, dafür einen Großinvestor zu finden.

Wer das sein könnte, ist ein offenes Geheimnis. Nikolas Berggruen, Kunstsammler und reicher Projektentwickler, hatte sich mehrfach mit einem privaten Museum für seine moderne Sammlung ins Gespräch gebracht. Bereits Berggruens mittlerweile verstorbener Vater Heinz hatte Berlin seine umfangreiche Picasso-Sammlung vermacht. Sie wird nun in einem eigenen Museum am Schloss Charlottenburg gezeigt. Es liege zwar kein konkretes Angebot vor, sagte Wowereit. Trotzdem wünsche er sich, dass sich Berggruen an der Ausschreibung beteilige.

Wo es architektonisch langzugehen hat, wiesen Junge-Reyer und Wowereit mit an: in Richtung supermodern. Berlin sei mittlerweile "ein internationaler Dreh- und Angelpunkt" für die zeitgenössische Kunst, so Wowereit. "Gleichzeitig wird ein geeigneter Ort vermisst, der die jüngsten Positionen avantgardistischer und zeitgenössischer bildender Kunst angemessen präsentiert." Der Senat erhoffe sich darum sowohl für beide Neubauten am Museumsquartier zwischen Hamburger Bahnhof, Flick-Collection und den neuen Galerien in der Heidestraße "herausragende Architektur".

Bauen soll diese ein und derselbe Investor. Zum einen ist vorgesehen, dass ein Museum - der "Kunstort" - für "moderne zeitgenössische Kunst des 21. Jahrhunderts mit einer Ausstellungsfläche von mindestens 2.000 Quadratmeter errichtet wird", sagte Wowereit. Der Kunstort könne sowohl von dem Investor als auch von einem Sammler betrieben und vermarktet werden.

Neben dieser Privatgalerie müsse auch die Berliner Kunsthalle mit weiteren 2.000 Quadratmetern gebaut und dem Land übertragen werden. Beides seien "zwei ganz unterschiedliche Projekte", betonte Wowereit. Doch für beide gebe es großen Bedarf. Das Risiko, ein privater Investor könne das Vorhaben gefährden, wies Wowereit zurück.

Genau die Gefahr aber sieht Alice Ströver, kulturpolitische Sprecherin der Grünen. Es sei "ein kulturpolitischer Kardinalfehler", die Kunsthalle an das rein kommerzielle Interesse eines Investors zu koppeln, sagte sie. Statt der Stadt ein Museum zu sichern, hänge man das Projekt an Berggruen, der mit dem Bau seines Kunsthauses nichts anderes im Sinn habe, "als in Berlin einen Ort der Wertsteigerung für private Kunstsammlungen zu etablieren". Wowereit betreibe keine Kulturpolitik, sondern "ausschließlich Investorenpolitik."

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