Ramadan-Fest: Berliner fasten lieber zu Hause

Das erste Berliner Ramadanfest wollte Besucher aus ganz Europa anlocken. Das hat nicht geklappt. Nach Berlin wollen die Betreiber deshalb nicht wieder kommen.

Im Tee- und Wasserpfeifenzelt des Ramadan-Festivals vor der O2-Arena kann man gemütlich abends Fasten-Brechen. Aber die erhofften Besucherströme bleiben aus Bild: DPA

Nachmittags geht es ziemlich gemächlich zu auf dem Platz an der O2-Arena. Dort findet seit Beginn des muslimischen Fastenmonats Anfang September das erste Berliner Ramadanfest statt. Die Männer und Frauen, die sich in den Kissen des orientalischen Rundzelts entspannen, gehören zu den KünstlerInnen, die auf der Bühne türkische Kultur präsentieren: als Musiker- und SängerInnen, Schattentheaterspieler oder Tänzer. Wenn am Abend das Programm beginne und das Fastenbrechen naht, fülle sich der Platz, sagt Sabri Baybas, einer der Organisatoren des Festes. "Drei- bis vierhundert Leute sitzen hier manchmal bis in die Nacht zusammen", berichtet er. "Türken und Deutsche, Muslime und Nichtmuslime."

So hatten Sabri Baybas und Zeki Keles, die das Konzept des Festes entwickelten, sich das vorgestellt: "Wir wollen etwas Ähnliches anbieten wie die Weihnachtsmärkte in der Adventszeit", sagt der seit Jahrzehnten als Choreograf und Kulturveranstalter in Berlin lebende Baybas. "Wir wollen den Menschen hier die Fastenzeit als Teil unserer Kultur nahe bringen." Dabei sind Ramadanfeste keine Kopie europäischer Bräuche: Auch in der osmanischen Geschichte haben solche Feste Tradition, sagt Keles, der in Istanbul eine TV- und Eventfirma betreibt. "Aber in der Größe, in der wir das hier machen, gibt es das heute in der Türkei nirgends."

Allerdings blieben die in der 40-seitigen Broschüre zum Fest angekündigten "Tausende von Menschen auch aus anderen europäischen Ländern" bisher aus. Dass das Fest überhaupt zustande kam, verdankt sich der finanziellen Unterstützung des türkischen Kulturministeriums. Hilfe von anderen Stellen, wie Keles und Baybas sie erhofft hatten, kam kaum: "Wir hätten unser Fest gerne da gemacht, wo auch die Weihnachtsmärkte stattfinden, etwa auf dem Gendarmenmarkt", sagt Baybas. Doch Angebote vom Senat oder den Bezirken seien nicht gekommen. Das jetzige Gelände ist vom Betreiber der neuen Arena gemietet: "Für einen, man kann sagen, recht hohen Preis." Und selbst dort legten die Behörden dem gemeinsamen Feiern, das in den Ramadannächten üblich ist, einen Riegel vor, berichtet er: "Um 22 Uhr müssen wir schließen."

Mehr noch als das Desinteresse auf deutscher Seite hat die Festbetreiber die geringe Mitwirkung türkischstämmiger Berliner enttäuscht: Für das Iftar-Essen, das traditionell von reichen Geschäftsleuten gespendet werde, hätten sich keine Sponsoren gefunden, klagt Keles. Es kostet nun 10 Euro. Überdies steht die Hälfte der 60 pastellfarbenen Holzhäuschen, die als Verkaufsstände dienen, leer. Die meisten HändlerInnen, die traditionelle Gerichte, Kunst oder Handarbeit anbieten, sind extra aus der Türkei gekommen. Wie Hakan Demir, der traditionelle Kunst verkauft: Kalligrafien, Radierungen, Miniaturmalereien. Zu nicht gerade niedrigen Preisen: Bis zu 3.000 Euro kosten die Werke bekannter Künstler, erklärt Demir, der sonst im großen Istanbuler Bazar verkauft. Mit seinem Umsatz in Berlin ist er zufrieden: Das Interesse sei groß.

Auf der Bühne neben seinem Stand bringt eine Sängerin das Publikum zum Mitsingen. Zwei Drittel der BesucherInnen sind türkischer Herkunft, kaum eine Handvoll der Frauen trägt Kopftücher. "Wir machen hier eine kulturelle, keine religiöse Veranstaltung": Dass diesbezügliche Berührungsängste der Grund für die mangelnde Unterstützung sein könnten, schließt Baybas aus. "Die Türken hier interessieren sich einfach nicht mehr für ihre Traditionen", glaubt Keles. Aufgeben wollen die beiden ihre Idee trotzdem nicht. Berlin käme als Standort aber nicht mehr in Frage, so Baybas: "Nächstes Jahr gehen wir in eine andere deutsche Stadt."

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