Hohe Wasserpreise nutzen dem Land: Berliner machen Berlin flüssig

Bei den halbprivaten Wasserbetrieben sprudeln die Einnahmen dank einer Tariferhöhung. Das Geld fließt in den Landeshaushalt. Opposition fordert Preissenkung, SPD bereut die Teilprivatisierung

Wasser ist erfrischend, sein Preis oft ernüchternd Bild: AP

Die Berliner Wasserbetriebe geraten wegen ihrer Tarife erneut unter Druck. "Das Unternehmen hat im vergangenen Jahr nicht mehr geleistet, aber mehr Geld kassiert", findet die Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche. Auch Henner Schmidt, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP, kritisiert: "Da wurde die gleiche Leistung teurer verkauft." Beide meinen: Die Preiserhöhung von Anfang 2008 sollte zurückgenommen werden.

Die Wasserbetriebe weisen die Kritik zurück. "Es greift zu kurz, wenn man nur betrachtet, ob mehr oder weniger Wasser durch unsere Rohre fließt", sagt Unternehmenssprecher Stephan Natz. "Unsere Hauptleistung ist es, die Infrastruktur bereitzustellen, so dass jeder an Trinkwasser herankommt und damit Abwasser abgeleitet werden kann." Mehr als 80 Prozent der Ausgaben der Wasserbetriebe seien fixe Kosten, hauptsächlich für die Infrastruktur wie Wasserwerke, Klärwerke und das Rohrnetz - diese Kosten entstehen also unabhängig davon, wie viel Wasser das Unternehmen verkauft.

Die Wasserbetriebe hatten im Jahr 2008 rund 2,2 Prozent weniger Abwasser gereinigt als im Vorjahr und 0,75 Prozent mehr Trinkwasser verkauft. Die Einnahmen stiegen laut der Anfang April veröffentlichten Bilanz jedoch um 51 Millionen Euro oder 4,6 Prozent auf 1,15 Milliarden Euro. Bei weitgehend unveränderten Betriebskosten erhöhte sich dadurch das Betriebsergebnis von 344 auf 383 Millionen Euro. Hauptprofiteur ist das Land Berlin, dem die Wasserbetriebe gut zur Hälfte gehören: 110 Millionen Euro Gewinnbeteiligung flossen in den Haushalt.

Der Hintergrund: 1999 hatte die damalige große Koalition knapp die Hälfte der Wasserbetriebe an die Konzerne RWE und Vivendi (heute: Veolia) verkauft. Das Land sicherte den privaten Miteigentümern dabei eine garantierte Verzinsung auf das für den Betrieb der Wasserwerke notwendige Kapital zu. Der Zinssatz richtet sich dabei nach folgender Formel: Die Zinsen, die der Bund im Durchschnitt für zehn Jahre lang laufende Bundeswertpapiere zahlt, plus zwei Prozent. Dieser Garantiezins liegt jetzt bei gut sieben Prozent.

Falls die Wasserbetriebe nicht genug Geld erwirtschaften, um genug Gewinn sowohl an die Konzerne als auch an das Land Berlin auszuzahlen, bekommen zunächst die Konzerne den ihnen zustehenden Gewinn in voller Höhe, das Land erhält den Rest oder muss sogar noch etwas zuschießen. So lief es in der Vergangenheit - was auf heftige Kritik stieß: Es könne ja nicht sein, dass die Konzerne mehr profitieren als das Land. Im Januar 2007 hatten die Wasserbetriebe folglich ihre Preise erhöht. Der Grund dafür sei auch die "Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals", teilte das Unternehmen damals mit. Im Klartext: Die Wasserbetriebe sollten in Zukunft so viel Gewinn machen, dass auch für den Landeshaushalt genug übrig bleibt. Die Zeche dafür zahlen die Berliner über ihre Wasserrechnung.

Die SPD zeigt sich selbstkritisch: "Wir betrachten die Teilprivatisierung inzwischen als Fehler, den wir heute nicht mehr machen würden", sagt der Abgeordnete Holger Thärichen. "Aber da kommen wir erstmal nicht mehr heraus." 1999 hatte die Koalition aus CDU und SPD 3,3 Milliarden Mark (1,7 Milliarden Euro) für den Teilverkauf erhalten.

Nach Ansicht der Grünen-Abgeordneten Kosche sollte das Land die Wasserbetriebe zurückkaufen: "Die Berliner haben das Unternehmen mit ihren Steuergeldern und ihren Wassertarifen über Jahrzehnte aufgebaut. Dann wurde das Unternehmen zum Schleuderpreis verkauft, und jetzt müssen sie mit hohen Wasserpreisen für die Renditeversprechen zahlen - das kann ja wohl nicht sein." Doch dafür fehle das Geld, sagt der SPD-Abgeordnete Thärichen.

Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) ist jetzt für die Wasserbetriebe zuständig - aber fein raus: "Bekanntermaßen hat Harald Wolf 1999 als Oppositionsführer im Abgeordnetenhaus und sogar mit einer Klage beim Berliner Verfassungsgericht versucht, die Teilprivatisierung zu verhindern", so seine Sprecherin Petra Schwarz. Jetzt müsse er die damals geschlossenen Verträge erfüllen.

Korrektur: In dem ursprünglich veröffentlichten Artikel hieß es im ersten Absatz, die Grünen- und FDP-Politiker forderten, die Preiserhöhung der Wasserbetriebe von Anfang 2007 rückgängig zu machen. Tatsächlich war die Preiserhöhung von Anfang 2008 gemeint. Die taz bedauert diesen Fehler.

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