Stadtteile wollen mehr Geld: Bezirke ziehen mal an einem Strang

Das Zuwendungssystem an die Bezirke ist ungerecht. Das ist schon lange ein Ärgernis. Neu ist, dass sich alle BezirksbürgermeisterInnen gemeinsam dafür einsetzen, dass sich daran was ändert.

Die Finanzlage der Bezirke ist mittlerweile so schwierig, dass sie Wunder provoziert: Denn erstmals haben sich alle zwölf Bürgermeister, die teils der CDU, der SPD, den Grünen und der Linkspartei angehören, unisono auf gemeinsame Positionen festgelegt, wie die Geldzuweisungen des Landes an die Bezirke neu und fairer geordnet werden können. "Der parteiübergreifende Schulterschluss ist die notwendige Konsequenz aus den nicht sehr günstigen Einzelkämpfererfahrungen mit dem Finanzsenator", sagte der Bürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, Ekkehard Band (SPD).

Das Positionspapier wurde am Donnerstag im Rat der Bürgermeister verabschiedet. Es wird nun im für Finanzen zuständigen Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses diskutiert. Denn auch dort ist erkannt worden, dass etwas nicht stimmt mit der Bezirksfinanzierung.

Im Positionspapier fordern die Bürgermeister eine bedarfsgerechte finanzielle Ausstattung. Zudem wollen sie nicht länger hinnehmen, dass der Senat den Bezirken zwar formal eine globale Summe zuweist, über die sie angeblich verfügen können, die Zuwendungssumme dann aber mit kameralistischen Tricks steuert. So entscheidet letztlich doch oft der Senat, was in den Bezirken finanziert wird und damit stattfindet. Die Bezirke aber werden in die Verantwortung genommen für den Niedergang der Infrastruktur vor Ort. Das bisherige System sei intransparent, nicht steuerbar, biete keine Anreize für mehr Wirtschaftlichkeit und verschleiere politische Verantwortungen, so brachten die Bürgermeister den Missstand auf den Punkt.

Berlin ist eine Einheitsgemeinde, die aus zwölf Bezirken besteht. Konkret bedeutet das: Die Bezirke übernehmen Aufgaben der Daseinsfürsorge - etwa für Schulen, Grünflächen, Jugendämter und bauliche Unterhaltung, für Obdachlose, Senioren, Gesundheit und Bezirkskultur. Eigene Einnahmen können sie jedoch nicht machen. Diese fließen an das Land. Die Bezirke hängen so finanziell am Tropf des Landes - ein Ärgernis schon lange.

1996 wurde die Globalsummenzuweisungen eingeführt, um den Bezirken vordergründig mehr Autonomie zu geben. Anfang des neuen Jahrtausend wurde dann auch die Kosten- und Leistenrechnung gefordert. Die Bezirke mussten alles, was sie erbringen, katalogisieren und genau berechnen, wie viel jede einzelne Leistung kostet. Eine mühselige Arbeit war das, die heute - im Gegensatz zu Finanzsenator Thilo Sarrazin - von den Bürgermeistern verteidigt wird. "Damit haben wir ein Instrument an der Hand, mit dem wir unseren Finanzbedarf genau berechnen können", sagt Franz Schulz, grüner Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg.

Auf Basis dieser Kosten- und Leistungsrechnung kamen die zwölf Bezirke für 2008 auf einen Bedarf von 5,5 Milliarden Euro. Überwiesen wurde vom Senat fünf Milliarden. Die beschnittene Zuwendung wurde dann aber vom Senat noch mit Auflagen belegt. Im Grunde können die Bezirke nur noch über etwa 6 Prozent ihrer Zuwendungen selbst verfügen. "Von Planungssicherheit kann keine Rede mehr sein", meint Schulz.

Nachdem es nun gelungen ist, dass die Bezirke an einem Strang ziehen und eine öffentliche Diskussion über die Bezirksfinanzierung eingeleitet haben, will Friedrichshain-Kreuzberg auch seinen Haushalt verabschieden. Aus Protest gegen die Unterfinanzierung ist das bisher nicht geschehen.

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