Friedrichshain-Kreuzberg sorgt sich um Kitas: Brandbrief light

Ihr Bezirk werde die Nachfrage nach Kita-Plätzen nicht befriedigen können, sagt Monika Herrmann, Bildungsstadträtin in Friedrichshain-Kreuzberg. Senat: Alles halb so schlimm.

Die Stadträtin von Friedrichshain-Kreuzberg sagt, sie könne für all die Kinder nicht genügend ErzieherInnen einstellen. Bild: AP

Monika Herrmann will den Ball flach halten. Ihr Schreiben sei ausdrücklich kein Brandbrief, betont die grüne Bildungsstadträtin von Friedrichshain-Kreuzberg in der Mail, mit der sie einen an Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) gerichteten Brief am Donnerstag gleich an die Medien weiterleitete. Dass es brennt, zeigt ihr Brief aber doch: Die Versorgung mit Kitaplätzen sei in ihrem Bezirk nicht mehr gesichert, klagt Herrmann.

Um 44 Prozent sei der Bedarf an Kitaplätzen in den vergangenen drei Jahren in Friedrichshain gestiegen - von 3.065 auf 4.400. Mindestens 650 weitere Plätze müssten Bevölkerungsentwicklungsprognosen zufolge in den nächsten fünf bis sechs Jahren eingerichtet werden. Dies sei jedoch trotz aller Bemühungen ihres Jugendamtes nicht zu schaffen, so die Stadträtin. Denn ihr Antrag, zwei neue Kitas mit Mitteln aus dem Konjunkturpaket II zu schaffen, sei vom Land abgelehnt worden.

Zudem fehle es selbst da, wo Platz für weitere Kitaplätze vorhanden sei, an geeigneten Fachkräften für die Kinderbetreuung. Für die gestiegenen pädagogischen Anforderungen ausreichend qualifiziertes Personal sei auf dem Berliner Arbeitsmarkt kaum noch zu finden - unter anderem, weil es von "wohlhabenderen Bundesländern und Städten aktiv abgeworben" würde: "Offensichtlich", schreibt Herrmann, biete der Erzieherberuf weder von den Verdienst- oder Aufstiegsmöglichkeiten noch vom Arbeitsumfang her ausreichend Attraktivität. 1.000 freien Stellen stünden in Berlin nur noch 600 arbeitssuchende Fachkräfte gegenüber.

Die Arbeitsagentur bestätigt diese Zahlen zwar nicht: Nach ihren Angaben standen im März 2009 umgekehrt gut 1.000 arbeitssuchende ErzieherInnen knapp 500 Stellenangeboten gegenüber. Dass jedoch die Nachfrage rasant steigt, bestätigen ErzieherInnen-Ausbilder wie Annegret Lauffer von Reiche, Leiterin der Fachschule für Sozialpädagogik des Pestalozzi-Fröbel-Hauses. 150 SchülerInnen absolvieren pro Jahr hier ihre Ausbildung: "Die, die danach Arbeit suchen, finden alle eine Stelle", so Lauffer. Es herrsche ein "absoluter ErzieherInnenmangel in der Stadt", der sich durch den Ausbau von Ganztagsschulen, Kleinkindbetreuung und der Sekundarschulen noch verschärfen werde. "Künftig werden viele Stellen nicht zu besetzen sein", sagt Lauffer. In der Politik sei diese Notlage allerdings "noch nicht angekommen".

Bei der Senatsbildungsverwaltung sieht man das nicht ganz so. Bezirke könnten gar keine Anträge auf Gelder aus dem Konjunkturpaket II stellen, sagt Bildungsverwaltungssprecher Kenneth Frisse. Das machten die Kita-Träger.

Der in Friedrichshain-Kreuzberg zuständige Kita-Eigenbetrieb habe in gleichem Umfang wie andere Anträge bewilligt bekommen: "Welche das sind, hängt von den Prioritäten ab, die der Antragsteller setzt." Auch von akutem ErzieherInnenmangel mag Frisse nicht sprechen: "Derzeit haben wir zwei BewerberInnen für jede Stelle", verweist er auf die Zahlen der Arbeitsämter. Dass sich das künftig ändern könne, habe der Senat im Blick. "Aber das ist, ähnlich wie bei den Lehrern, nicht allein unser, sondern ein deutschlandweites Problem." ALKE WIERTH

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.