Bürgerentscheid in Friedrichshain-Kreuzberg: Bürger versenken Mediaspree

Der Bürgerentscheid zur Zukunft der Spreeufer ist erfolgreich. 87 Prozent der Wähler stimmen für die Forderungen der Initiative. Die Grünen wollen Bürgerwillen umsetzen.

Die letzte große Demonstration gegen die Spreeufer-Bebauung am Samstag Bild: dpa

34.932 Menschen in Friedrichshain und Kreuzberg beteiligten sich am Bürgerentscheid - das sind 18,6 Prozent und damit 3,6 Prozent mehr als das notwendige Quorum. Der Vorschlag der Bürgerinitiative fand 86,8 Prozent Zustimmung; den Gegenvorschlag der Bezirksverordnetenversammlung favorisierten deutlich weniger Wähler.

Die Mediaspree-Gegner haben gewonnen. Beim Bürgerentscheid in Friedrichshain-Kreuzberg stimmten 87 Prozent für den Vorschlag der Bürgerinitiative, mit dem die Investorenpläne an der Spree empfindlich gebremst werden sollen. Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV), die einen Gegenvorschlag aufgestellt hatte, wurde abgestraft. Die Zustimmung für den "Mediaspree versenken!"-Vorschlag hatte sich während des Abends abgezeichnet; fraglich war lange, ob das notwendige Quorum von 15 Prozent Wahlbeteiligung erfüllt werden würde.

Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) versprach, dem Votum Folge zu leisten. "Wir müssen jetzt Wege finden, wie wir den Bürgerwillen umsetzen können", sagte er der taz. Seine Fraktion erklärte, angesichts erwarteter Entschädigungzahlungen an Investoren in Millionenhöhe sei der Senat bei der Vermittlung gefordert. Allerdings wäre es fatal, würde der Senat die Planungen an sich ziehen, warnte die Grünen-Fraktion.

Würde Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) den Planungen an der Spree gesamtstädtische Bedeutung zuweisen, könnte sie den Bezirk seiner Aufgaben entbinden - damit wäre der Entscheid nichtig, der Bezirk wäre seiner Kernkompetenz beraubt. Die Senatsverwaltung wollte sich am Sonntagabend nicht äußern.

Die Bürgerinitiative gab sich nach dem Sieg selbstbewusst. "Wir haben fest damit gerechnet", sagte Sprecher Carsten Joost. Gleichwohl habe er etwas mehr Beteiligung erwartet. In den nächsten Tagen wolle die Initiative die nächsten Schritte diskutieren, richtig weitergehen solle es dann nach der Sommerpause. "Wir sind urlaubsreif", sagte Joost. Entsprechend ruhig verlief die Siegesfeier am Abend im Yaam!-Klub am Spreeufer - statt rauschendem Fest war allen mehr nach Entspannen zumute.

Der Verein Mehr Demokratie würdigte die Initiative als das bisher erfolgreichste Berliner Bürgerbegehren. Er forderte den Bezirk auf, die Ziele der Initiative zu verwirklichen, soweit es die Haushaltssituation zulässt.

Die Investorenpläne sehen Büro- und Wohnkomplexe entlang dem Fluss zwischen Jannowitz- und Elsenbrücke vor, die O2-Arena steht bereits. Zur Abstimmung standen zwei Vorschläge: Die Bürgerinitiative "Mediaspree versenken!" fordert, dass Neubauten mindestens 50 Meter entfernt vom Ufer stehen müssen und dass keine neuen Hochhäuser errichtet werden. Der Entwurf der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) wollte den Forderungen entgegenkommen, soweit keine Kosten entstünden. Fraglich war, ob die Abstimmung bindend ist. Für das Baurecht gelten besondere Regelungen.

Die Bürgerinitiative hatte bis zum März 16.000 Unterschriften gesammelt und damit die Diskussion über das Gebiet überhaupt erst entfacht. Noch am Samstag beteiligten sich 3.500 Menschen an einer Demonstration. Die deutliche Zustimmung zeichnete sich bereits am Abstimmungsnachmittag ab. "Ich finde, dass da keine Riesenhochhausklötze stehen dürfen", sagte der 64 Jahre alte Christopher Horn. "Die sollen eine Parkanlage machen mit einem schönen breiten Uferstreifen." Peter Stulz, Wähler in der Graefestraße, meinte: "Klar ist es ein Argument, dass die Kassen leer sind. Berlin fängt aber an, wegen Geld sein Gesicht zu verkaufen."

Eine 45 Jahre alte Wählerin in der Reichenberger Straße wollte das Argument der klammen Kassen nicht gelten lassen. "Meistens sind die Gelder für andere Sachen schon da", sagte sie.

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