Dalai Lama heißt Love & Peace

Tausende BerlinerInnen feiern am Brandenburger Tor den tibetischen Religionsführer. Sie demonstrieren für Tibet - und meinen damit Gewaltlosigkeit in aller Welt.

25.000 kamen zum Brandenburger Tor, um den Dalai Lama zu hören und zu sehen Bild: AP

Mit Tibetflaggen um die Schultern stehen die Leute am Brandenburger Tor. Noch ist die Menge überschaubar, die Bühne leer. Die Leute warten auf Seine Heiligkeit, den Dalai Lama. "Wenn Berlin nicht mit ihm sprechen will, dann spricht er zu Berlin", sagt eine Frau, die im geblümten Kleid mit Tibetfahne über der Schulter und den Furchen im Gesicht so aussieht, als hätte sie vor 40 Jahren auch in Woodstock dabei gewesen sein können. Die Hingabe an die alte Sache - sie heißt Love & Peace - ist auch am Brandenburger Tor zu spüren. "Ich komme, weil ich menschliche Hingabe will. Weil ich will, dass Menschen sich zugewandt sind. Weil ich will, dass wir friedlich miteinander leben", diktiert die Frau in den Block.

Andere sagen dasselbe. "Das kann nicht sein, dass man sich von Machtinteressen und wirtschaftlichem Kalkül diktieren lässt, mit wem man spricht", moniert ein Mann mit Baseballcap und tibetischer Gebetskette um den Hals, der sagt, er sei Event-Manager. Und sein Freund im Hawai-Hemd fügt hinzu: "Wenn Beck ein Treffen mit dem Dalai Lama scheiße findet, was bitte ist dann ein Treffen mit Beck?"

Es geht den Leuten, das wird schnell deutlich, nicht um bloße Solidarität mit Tibet - trotz der Flaggen, trotz des Konterfeis des Dalai Lamas, trotz der Luftballone in Gelb, Rot und Blau. Sie sind gekommen, weil sie Gewaltlosigkeit, weil sie Frieden wollen. Eine Welt, in der "nicht der Perfektionismus zählt, sondern der Wille, den anderen zu verstehen", wie eine Frau sagt. Die Tibetfahne, das sei nur ein Symbol für ethische Werte. Die müssten wieder spürbar sein. "Wir brauchen einen wärmeren Umgang mit einander - der muss nicht tief spirituell sein."

Mit der Zeit füllt sich der Platz, die Velotaxis verschwinden, auch Picknick auf der Straße geht nicht mehr. Stattdessen drängen sich BerlinerInnen aller Couleur. Manche kaufen Lufballone von schweizerdeutsch sprechenden Frauen. Sie seien Tibeterinnen. In Indien geboren, in Zürich aufgewachsen. "D Frü chönnt no drü", sagt die eine zur anderen und meint, dass ein Frau noch drei Luftballons bekommt, für die sie schon bezahlt hat.

Mit Verspätung kommt der Moderator Ralf Bauer auf die Bühne. Er ist Schauspieler, er hat, so sagt er, viele tibetische Freunde. Von der Bühne herunter übt er mit dem Publikum den tibetischen Willkommensgruß. "Tashi delek." Man lernt schnell.

Ein Berliner Politikerrunde - fünf Männer in Anzügen von vier Parteien, den Grünen, der SPD, FDP und CDU - geben Statements ab, die kaum ausgesprochen bereits vergessen sind. "Heuchler", ruft jemand in der Menge, als Friedbert Pflüger sich als Menschenrechtsaktivist geriert.

Der Dalai Lama ist der Hauptakt, deshalb nehmen die Vorgruppen viel Platz ein. Sie singen von Liebe, wie die Prinzen, wie 2Raumwohnung, sie singen "Amazing Grace" wie die singende tibetische Nonne Ani Choying, die mit den mittlerweile 25.000 Menschen auf dem Platz ein Matra des Mitgefühls einübt. An die Menschen, die leiden, soll dabei gedacht werden - die Erdbebenopfer in China, die Flutopfer in Birma, alle.

Dann kommt der Dalai Lama. In rotem Gewand, ein Lächeln, ein paar Worte, viel Ungesagtes. Seine Botschaft ist klar: Sie heißt Frieden, Gewaltverzicht, Dialog. Das Publikum hängt an seinen Lippen und lässt zum Zeichen der Gedankenfreiheit die Luftballone fliegen.

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