Kommentar: Der Geschmack der Mündigkeit

Pankower Restaurants, bei denen es bei Hygiene-Kontrollen nichts zu beanstanden gibt, können sich künftig einen Smiley des Bezirkes an die Tür kleben. Das stärkt die Verbraucherrechte und ist ein Vorbild weit über Pankow hinaus.

Als im Mai das Verbraucherinformationsgesetz in Kraft trat, schlugen die Kritiker darauf ein. Zu viele Ausnahmen gebe es, den Verbrauchern würden nach wie vor zu wenig Rechte eingeräumt. Doch das Regelwerk birgt auch Chancen, wie sich nun zeigt. So will Pankow künftig saubere Restaurants mit Smileys auszeichnen, die diese sich an die Eingangstür hängen können. Lässt ein Betrieb seine Küche verdrecken, riskiert er, auf einer Negativliste zu landen, die der Bezirk im Internet veröffentlicht. Juristisch abgesichert sieht sich Pankow dabei durch ebendieses Verbraucherinformationsgesetz.

Als erster Bezirk will Pankow künftig die Ergebnisse seiner Lebensmittelkontrollen in Restaurants, Kneipen und Imbissbuden veröffentlichen. Saubere Betriebe sollten so belohnt, die Namen verdreckter Küchen hingegen ins Internet gestellt werden, kündigte Pankows Stadtrat für Verbraucherschutz, Jens-Holger Kirchner (Grüne), laut Medienberichten an. "Wir wollen öffentlich machen, welchen Gefahren sich die Kunden in Gaststätten durch Schmutz aussetzen", sagte er. Lokale, in denen es keine Beanstandungen gibt, bekommen einen Hygienepass und können sich als Zeichen gelbe Smileys in die Tür hängen. Das in Berlin einmalige Pilotprojekt soll Ende des Jahres starten. Dabei stützt es sich auf das neue Verbraucherinformationsgesetz, das seit Mai 2008 gilt. Bei fast der Hälfte aller Betriebe hatten die Pankower Lebensmittelkontrolleure 2007 etwas zu bemängeln. Auch bei 36 Prozent der Bioläden gab es Beanstandungen, sagte Kirchner der taz.

Keine Frage, das Projekt wird Bewegung bringen in die Gastronomie. Denn es macht die Hygiene und den Umgang mit Lebensmitteln in einem Restaurant auf einfache Weise sichtbar - und damit zu einem Verkaufsargument. Die Verbraucher können endlich entscheiden, ob sie ihr Geld in einem ordentlichen Lokal lassen oder in einer Gammelküche. Ein Eintrag auf der Negativliste? Ein PR-Desaster für jeden Betrieb. Die Wirte werden alles tun, um das zu vermeiden.

Wenn eine Behörde für mehr Transparenz sorgen will, hat sie mit dem Verbraucherinformationsgesetz dafür offenbar eine Grundlage. Doch genau da liegt auch das Problem: Es hängt vom Engagement einzelner Stadträte ab, wie viel die Bürger über Dinge wie die Qualität ihrer Lebensmittel und die Sauberkeit von Restaurants erfahren. Es sollte aber nicht nur möglich, sondern eine Pflicht sein, ein Smiley-System einzurichten. Genau das steht im Gesetz nicht drin.

So zaghaft das Regelwerk ist - langfristig kann es trotzdem für mehr Transparenz sorgen. Denn Pilotprojekte wie das in Pankow wirken als Türöffner. Die Menschen werden schnell auf den Geschmack der mündigen Entscheidung kommen. Und die Informationen auch andernorts für sich einfordern.

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