Raucherräume: Der Gnadenglimmstängel

Der Gesundheitsausschuss beschließt das Nichtraucherschutzgesetz: Qualmen in Flughäfen und Kultureinrichtungen wird verboten. In Verhörzellen, Knästen und auf der Bühne bleibt es erlaubt.

Auf in den Knast: Hinter Gittern bleibt Rauchen erlaubt Bild: DPA

Rauchen nur noch im abgetrennten Raucherzimmer - so sieht ab dem 1. Januar wohl die Zukunft für Berlins Restaurants, Kneipen und Shisha-Bars aus. Bei Diskotheken und Clubs wird es komplizierter: Dürfen Kinder und Jugendliche rein, ist Rauchen künftig komplett verboten. Ist der Zutritt erst ab 18 Jahren gestattet, dürfen die Clubs Raucherzimmer einrichten.

Auch in Berlin brechen ab 2008 für Raucher härtere Zeiten an. Der Gesundheitsausschuss hat das Nichtraucherschutzgesetz verabschiedet. Kneipen, in denen weiter gequalmt werden soll, müssen dann separate Raucherzimmer einrichten. Allerdings gibt es auch Ausnahmen: Wer etwa das Pech haben sollte, von der Polizei in eine Verhörzelle geladen zu werden, darf immerhin dabei paffen (Text oben). Das kann für beide Seiten Vorteile haben, berichtet Polizeisprecher Bernhard Schodrowski: Gemeinsames Rauchen könne die Atmosphäre positiv beeinflussen.

Am Montag beschloss der Gesundheitsausschuss den von der rot-roten Koalition eingebrachten Entwurf für ein "Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens in der Öffentlichkeit". SPD, Linke und CDU stimmten dafür, die Grünen dagegen, die FDP enthielt sich. Laut Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke) kann das Gesetz voraussichtlich im Januar in Kraft treten. Das Abgeordnetenhaus muss jedoch noch zustimmen.

Der Gesetzentwurf verbietet das Rauchen in sämtlichen öffentlich zugänglichen Räumen wie Flughäfen, Schulen, Sport- und Kultureinrichtungen. Für die in der Gastronomie einzurichtenden Raucherräume stellt er zahlreiche Bedingungen: In Gaststätten dürfen die neuen Raucherzimmer nicht unmittelbar am Eingang oder neben den Toiletten liegen, auch darf es sich dabei nicht um den Hauptgastraum handeln. Stellwände und Schiebetüren reichen für die Abtrennung der Raucherräume nicht aus, dafür sind aufwändige und teure Umbauten erforderlich. Man habe ganz bewusst "hohe Hürden" geschaffen, damit sich nur wenige Wirte und Clubbetreiber die Einrichtung solcher Räume leisten können, sagte Lompscher. Schließlich gehe es um den Gesundheitsschutz.

Das offizielle Streben nach einer rauchfreien Öffentlichkeit hat aber auch Grenzen. Interessant sind vor allem die Ausnahmen im neuen Nichtrauchergesetz. Auf Theaterbühnen etwa darf weiterhin geraucht werden - hier wiegt die Kunstfreiheit schwerer als der Nichtraucherschutz. Auch gegenüber Menschen in Notlagen zeigt sich die Koalition gnädig: In Gefängnissen und Abschiebeknästen sind Zigaretten erlaubt; für "besondere Bereiche in Gerichtsgebäuden" gilt ebenso eine Ausnahme vom Rauchverbot wie in psychiatrischen Einrichtungen und Entzugsanstalten. Menschen, die auf ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung verzichten müssen, bekommen vom Land sozusagen ein Laster auf Rezept.

Für einen anderen Personenkreis beschloss der Ausschuss eine Änderung des Gesetzentwurfs: Bei polizeilichen Vernehmungen soll dem zu Vernehmenden das Rauchen gestattet bleiben - sofern er das wünscht. Damit soll auch verhindert werden, dass das Rauchverbot bei Verhören als Druckmittel verwandt wird. Man darf auf die erste Klage eines Kriminalkommissars gespannt sein, der sich von seinen qualmenden Verdächtigten gesundheitlich beeinträchtigt fühlt.

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