Millionen für das ICC: Der Palast der Bundesrepublik bleibt

Senat beschließt: Das Internationale Congress Centrum wird saniert, obwohl ein Neubau viel billiger wäre.

Absurd teurer Kadaver aus Westberliner Zeiten: Das ICC unterm Funkturm Bild: ap

Anders als das ICC soll die benachbarte Deutschlandhalle abgerissen werden. Das seit Jahren nahezu ungenutzte Gebäude sei technisch und wirtschaftlich nicht mehr zu betreiben, sagte Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer. Für den letzten Nutzer, den Eishockey-Amateursport, soll eine neue Halle in der Nähe des Olympiastadions gebaut werden.

Geschätzte 42 Millionen Euro Baukosten. Und oben drauf bis zu 5 Millionen Euro jährlich für den Betrieb. Diese Beträge legt der Senat zusätzlich auf den Tisch für die am Dienstag beschlossene Sanierung des Internationalen Congress Centrums (ICC). Ein Abriss und Neubau wären um diese Summen billiger gewesen.

Jahrelang hatte der Senat über die unausweichliche Erneuerung des Tagungszentrums debattiert. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) hatte stets für einen Neubau plädiert - aus Kostengründen. Das ICC war in den späten 70er-Jahren als Westberliner Pendant zum Palast der Republik im Ostteil der Stadt errichtet worden. Dabei zählte mehr der Pomp als die Effizienz: Von den mehr als 152.000 Quadratmetern des ICC gelten nur 39.500 als Nutzfläche. Und selbst das ist eine theoretische Größe. Denn die Räume sind extrem unpraktisch gebaut. Deswegen soll in einer zweiten Stufe der Sanierung das ICC um 6.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche erweitert werden. Aber selbst dann werden nur 30.000 Quadratmeter tatsächlich brauchbar sein, rechnete Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) am Dienstag vor.

Diese ungünstige Raumsituation treibt die Kosten in die Höhe sowohl beim Betrieb, als auch beim Umbau. Anders als bei der Deutschlandhalle (siehe Kasten) entschied sich der Senat beim ICC dennoch gegen das Kostenargument und für die Tradition. Das ICC sei eine "städtebauliche Ikone der Neuzeit", sagte Junge-Reyer. Es genieße seit Jahren einen guten Ruf. Um diesen nicht zu gefährden, soll das Haus bei laufendem Betrieb renoviert werden. Die erste Phase des Umbaus soll rund 180 Millionen Euro kosten und sechs Jahre dauern. Für die geplante Erweiterung der Nutzfläche werden nach Schätzungen nochmals rund 58 Millionen Euro fällig.

"Ein Neubau wäre günstiger gewesen", gab Wolf zu. Selbst inklusive Abriss des Altbaus wären weniger als 200 Millionen Euro nötig. Aber das ICC sei "auch ein Symbol für eine bestimmte Epoche der Stadt", so Wolf. Ein Abriss wäre daher mit Problemen verbunden gewesen - "gerade vor dem Hintergrund von Tempelhof", sagte Wolf. Die CDU hatte das Volksbegehren gegen die Schließung des ebenfalls zum Westberliner Traditionsgut gehörenden Flughafens Tempelhof massiv unterstützt, um so gegen den rot-roten Senat zu punkten.

Grüne und CDU bezeichneten den Sanierungsbeschluss übereinstimmend als "längst überfällig". Die Union mahnte zugleich ökologische Kriterien an. "Insbesondere die Klima- und Heizungstechnik muss durch den Einsatz von regenerativen Energien modernisiert werden", sagte Michael Dietmann, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Das sei selbstverständlich Ziel des Sanierung, versicherte Senatorin Junge-Reyer. Die Verwirklichung sei aber "schwieriger im Bestandsbau".

Das schlägt sich bei den Kosten nieder. Durch die Sanierung der Haustechnik würden die Betriebskosten von derzeit 11,9 Millionen auf 6,6 bis 9,7 Millionen Euro sinken, sagte Wolf. Bei einem weitaus effizienter zu betreibenden Neubau hätte der Betrieb jährlich zwischen 1,5 und 5 Millionen Euro weniger gekostet. Derzeit zahlt das Land der Messe GmbH pro Jahr 13 Millionen Euro Zuschuss. Diese Summe hätte man analog zu den Betriebskosten senken können, so Wolf.

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