Kommentar zum Sozialstrukturatlas: Der Senat ist nicht ganz hilflos

Kommentar

Arbeitslosengeld II, die Gesundheitsreform, die Zunahme von Leiharbeit - es ist nicht verwunderlich, dass sich die soziale Situation in Berlin angesichts der Rahmenbedingungen verschärft hat, wie eine neue Studie belegt. Wenn der Senat aber einzig den Bund für die Entwicklung verantwortlich macht, drückt er sich vor seiner Verantwortung: Die Abwärtsdynamik oder Stagnation in traditionellen Problemgebieten erfordern neue Wege in der Wohnungspolitik.

Die Landespolitik hat zuletzt dem freien Markt mehr und mehr Macht eingeräumt. Aus dem sozialen Wohnungsbau zurückgezogen, frei werdende Grundstücke Investoren zugeschachert, Wanderungsbewegungen in der Stadt hingenomme. Jetzt bleibt nur, die Scherben zusammenzukehren: Kleinteilige Hilfen wie das Quartiersmanagement unterstützen Menschen in sozialer Not auch mental und können zu Sicherheit und sozialem Frieden im Kiez beitragen. Doch das reicht nicht.

Öffentlich geförderter Wohnraum in kleinen Einheiten quer übers Stadtgebiet verteilt würde es ärmeren Menschen ermöglichen, aus Brennpunkten weg in bürgerliche Viertel zu ziehen - und den Menschen in Bezirken wie Charlottenburg-Wilmersdorf eine neue Form des Miteinanders. Eine stärkere Mischung - die wohl erst gegen Widerstände aus den bürgerlichen Vierteln durchgesetzt werden müsste - würde auch für Kinder eine neue Lebenswirklichkeit schaffen. Wächst der Nachwuchs von Hartz-IV-Empfängern in Kiezen auf, in denen keiner mehr zur Arbeit geht, verliert er Lebensmut, bevor er ihn fassen kann. Wachsen die Kinder gut situierter Eltern in ihren einförmigen Bezirken auf, verpassen sie die Chance eines multikulturellen, zukunftsweisenden Miteinanders.

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