Volksentscheid II: Der Senat muss das Volk fragen

Unterschriftensammlung für Tempelhof beendet. Nun folgt der erste Volksentscheid in Berlin. Spenden für Volksbegehren müssen künftig ab 50.000 Euro offengelegt werden.

Die Unterschrifteneintreiber können Feierabend machen. Am Donnerstag um 18 Uhr endete das Volksbegehren für die Offenhaltung des Flughafens Tempelhof. Nun wird ausgezählt. Ein vorläufiges Ergebnis lag zum Redaktionsschluss noch nicht vor. Der Landeswahlleiter Andreas Schmidt von Puskás will die endgültigen Zahlen am 26. Februar bekannt geben. Doch die Interessengemeinschaft City-Airport Tempelhof (Icat) etwas mehr oder weniger als 200.000 Unterschriften beisammenhat, ist letztlich egal - die für die Einleitung eines Volksentscheids nötigen 170.000 sind längst erreicht.

Erstmals kommt es in Berlin nun zu einer landesweiten Abstimmung, die von Bürgern initiiert wurde. Innerhalb von vier Monaten muss der Senat an einem Sonn- oder Feiertag den Volksentscheid durchführen. Der Termin soll möglichst nicht in den Ferien oder an Himmelfahrt oder Pfingsten liegen. Im Gespräch ist nach taz-Informationen der 27. April. "Wir müssen jetzt die Taktzahl erhöhen und die organisatorischen Vorkehrungen treffen", sagte Schmidt von Puskás. 10.000 bis 12.000 Wahlhelfer würden benötigt.

Erfolgreich wären die Flughafenverfechter, wenn mindestens ein Viertel der Wahlberechtigen, also gut 600.000 Berliner, und die Mehrheit der abgegeben Stimmen für die Offenhaltung von Tempelhof stimmt. Doch selbst dann ist der Entscheid für den Senat juristisch nicht bindend. Er wäre vor allen Dingen eine politische Niederlage für Rot-Rot. CDU und FDP unterstützen die Icat.

Am Donnerstagabend wollte das Abgeordnetenhaus weitere Erleichterungen für Bürgerbeteiligungen beschließen. Die zuständigen Ausschüsse hatten dem Entwurf bereits zugestimmt. Unterschriften für ein Volksbegehren können demnach in Zukunft nicht nur auf dem Bürgeramt, sondern auch auf der Straße gesammelt werden. Die Unterschreibenden müssen zudem - anders als bisher - keinen Ausweis mehr vorlegen. Michael Elfer vom Verein Mehr Demokratie sprach von einem "Fortschritt für die Volksgesetzgebung" in Berlin. Von den Regelungen wird vermutlich zuerst der Verein Pro Reli profitieren, der per Volksbegehren eine Gleichstellung des Religions- mit dem Ethikunterricht erreichen will.

Das neue Gesetz soll auch für mehr finanzielle Transparenz sorgen. Spenden an die Initiativen von mehr als 50.000 Euro müssen künftig offengelegt werden. Das war bisher nicht der Fall: Die Icat hatte nach eigenen Angaben für das Volksbegehren 340.000 Euro von privaten Spendern gesammelt, ihre Quellen aber nicht genannt. Es ist bis heute unklar, welche Geldgeber hinter der Initiative stehen.

Rückwirkend lässt sich das Gesetz nicht anwenden. Doch in der jetzt anstehenden Phase könnte die Icat gezwungen werden, die Namen von großzügigen Spendern zu veröffentlichen. "Der Volksentscheid wird nach den neuen Regeln abzuwickeln sein", sagte Schmidt von Puskás der taz. Wenn die Icat vor dem Entscheid Postwurfsendungen verteile und Werbewände plakatiere, werde er die neuen Vorschriften anwenden.

Ursprünglich sah der Gesetzentwurf auch eine Kostenerstattung für die Initiatoren eines Volksbegehrens vor. Doch die SPD hatte das abgelehnt. Ihr Argument: Gegner eines Begehrens, die keine Unterstützung bekämen, würden benachteiligt.

ANTJE LANG-LENDORFF

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