Prozess: Des Kaisers neue Schikanen

Das Berliner Arbeitsgericht bestätigt die fristlose Kündigung einer Kassiererin der Supermarktkette Kaisers

Die Kassiererin Emmely darf hier nicht mehr arbeiten - sie soll Leergutbons im Wert von 1,30 Euro unterschlagen haben. Bild: Tengelmann KG

Dies ist kein gewöhnliches Verfahren: Vor dem Arbeitsgericht in Schöneberg halten Menschen Transparente hoch mit Sprüchen wie "Gegen Kaiserliche Repression", mehrere Mannschaftswagen der Polizei sind vorgefahren. Im Gerichtssaal sitzen nicht nur Freunde und Verwandte der Klägerin, sondern auch Gewerkschafter, linke Aktivisten - und auf der Gegenseite 15 Anzugträger. Zu Beginn der Verhandlung weist Richter Axel Schleusner die knapp 100 Anwesenden darauf hin: "Ich werde keine Störung bei der Wahrheitsfindung dulden."

Irritierend ist die Geschichte, die hier verhandelt wird: Ende 2007 beteiligte sich die Kassiererin Barbara E. als einzige Mitarbeiterin einer "Kaisers"-Filiale in Hohenschönhausen am Einzelhandelsstreik von Ver.di; ihre KollegInnen waren bereits zur Arbeit zurückgekehrt. Im Februar erhielt die 50-Jährige mit dem Spitznamen Emmely nach 31 Jahren die fristlose Kündigung. Begründung: Sie soll Leergutbons im Wert von 1,30 Euro unterschlagen haben. Emmely bestreitet die Vorwürfe.Ver.di und ihr Anwalt vermuten politische Gründe, sprich: eine Abstrafung für die Streikende.

Politik möchte Richter Schleusner heute im Gerichtssaal nicht haben. Deshalb geht es vor allem um Detailfragen im Umgang mit Leergut und Pfandbons. Der ehemalige Filialleiter, die Schichtleiterin und eine Kollegin werden als Zeugen vernommen, ihre Aussagen widersprechen sich teilweise. Auch fragt der Richter ausgiebig nach Verwandtschaftsverhältnissen der Zeugen mit den Prozessbeteiligten, das Arbeits- und damit Abhängigkeitsverhältnis der Zeugen zum Beklagten wird dagegen nicht angesprochen. Am Ende weist das Gericht Emmelys Klage ab: Es bestehe ausreichend Betrugsverdacht für eine fristlose Kündigung.

Kaisers-Rechtsanwältin Karin Schindler-Abbes bekräftigt nach dem Urteil, für sie handele es sich um eine völlig normale arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung. Sie verstehe die öffentliche Aufregung um den Fall nicht. Es gehe dabei um eine Frage der Betriebsdisziplin. Emmelys Anwalt nennt das Urteil einen Skandal. "Wir werden alle Instanzen nutzen, damit diese Sache geklärt wird."

Auch Jörg Nowak vom Komitee "Solidarität für Emmely" will den Fall weiter publik machen. Ein Konsumboykott gegen Kaisers reiche nicht aus. "Wir müssen öffentlichen Druck ausüben, damit das Arbeitsrecht Kündigungen, die allein durch einen Verdacht begründet werden, nicht mehr zulässt." TILL BELOW

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