Mehr Demokratie nach Tempelhof: "Die CDU ist selbst Schuld"

Das Quorum bei Volksentscheiden muss weg, sagt Michael Efler von "Mehr Demokratie". Unterstützung erhofft er sich ausgerechnet von der CDU.

MICHAEL EFLER ist Vorstandsmitglied von Mehr Demokratie e. V.

taz: Herr Efler, 880.000 Menschen haben am Volksentscheid über Tempelhof teilgenommen. Ist das ein Erfolg für die Direkte Demokratie?

Michael Efler: Ja. Denn erstens liegt die Beteiligung mit 36 Prozent leicht über dem Bundesdurchschnitt. Zweitens ist es erstaunlich, dass trotz einer millionenschweren Kampagne der Befürworter, trotz Eingreifens der Bundeskanzlerin und trotz Unterstützung durch zwei Parteien sich immer noch 40 Prozent der Abstimmenden zu einem Nein haben bewegen lassen. Das zeigt: Direkte Demokratie ist nicht käuflich.

Die Tempelhoffans sagen nun, Wowereit müsse die Mehrheit der Stimmen akzeptieren. Jener entgegnet, die Tempelhoffans müssten akzeptieren, dass sie das Quorum verfehlt haben. Wer hat Ihrer Meinung nach gewonnen?

Ich kann da leider auch keine klare Antwort geben. Einerseits setzen wir uns dafür ein, dass bei Volksentscheiden keine Quoren gelten. Danach hätte die Initiative mit 60 zu 40 Prozent gewonnen. Auf der anderen Seite sind immer die jeweiligen Bedingungen der Verfassung zu beachten. Deswegen hat der Senat aus unserer Sicht die Legitimation, den Flughafen zu schließen.

Das Quorum für den Volksentscheid wurde dank eines Allparteienkompromisses im Jahr 2006 gesenkt. Wer hat denn für die nun entscheidende 25-Prozent-Hürde gesorgt?

Die SPD und die CDU. Die kleinen Parteien wollten niedrigere Hürden, beziehungsweise überhaupt kein Quorum. Im Grunde ist die CDU selbst Schuld, dass sie den Volksentscheid jetzt nicht durchbekommen hat.

Wie tief sollte die Hürde damals gesenkt werden?

Es gab Vorschläge von 15 oder 20 Prozent. Die Grünen haben damals unsere Position vertreten, dass es kein Quorum geben soll.

Als nächstes steht ein Volksbegehren zum Religionsunterricht an Schulen an. Könnte das das Quorum knacken?

Das ist schwer zu sagen. Die Initiative "Pro Reli" muss erst mal 170.000 Unterschriften für das Volksbegehren sammeln, das wird eine Menge Arbeit in einer atheistischen Stadt wie Berlin.

Sie fordern, Quoren ganz abzuschaffen. Wäre das gerecht?

Ja. Wahlen sind auch gültig, egal wie viele Menschen sich beteiligen. Wenn nur bei Volksentscheiden ein Quorum gilt, ist das eine gewaltige Demotivation für die Bürger. Und es wird nicht immer so finanzstarke Gruppen wie jetzt treffen. Bei denen könnte man noch argumentieren, die Hürde sei notwendig, um die Käuflichkeit von Volksentscheiden zu verhindern. Aber ein Quorum trifft auch alle anderen.

Ohne Hürde könnte eine Minimehrheit entscheiden.

Man darf nicht vergessen, dass es die Vorstufen gibt. Da muss man schon rund 200.000 Leute mobilisieren. Daran sind die meisten Initiativen bisher gescheitert.

Sie könnten die Quoren per Volksentscheid kippen. Ist so etwas in Planung?

Nein.

Aber auch im Abgeordnetenhaus ist das kaum durchsetzbar. Oder sehen Sie nach dem Tempelhof-Entscheid Bewegung bei den Parteien?

Bei der CDU schon. Die hat nun selbst erlebt, was es heißt, eine Mehrheit an der Urne zu haben, mit der man wenig anfangen kann.

INTERVIEW: GEREON ASMUTH

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