Quartiersmanagement: Die Krise kommt im Kiez an

Quartiersmanagement ist als erfolgreiche Maßnahme gegen das Abdriften von Kiezen anerkannt. Jetzt sind die Beteiligten mit Finanzkrise und knappen Kassen konfrontiert - eine Herausforderung.

Knappe Haushaltskassen, auseinanderstrebende Einzelinteressen und nun noch die Finanzkrise: Das Quartiersmanagement steht auf dem Prüfstand. Dass die derzeit 33 auf Kiezebene verankerten Programme unverzichtbar sind, darin waren sich die Teilnehmer einer Konferenz zur integrierten Stadtentwicklung am Dienstag einig. Doch künftig wird die Verwaltung wohl verstärkt Schwerpunkte setzen müssen, um die begrenzten Mittel effizient zu verteilen. Aus Fehlern aus der Vergangenheit könnten die Beteiligten lernen, bekannte Staatssekretärin Hella Dunger-Löper von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

"Die Wirtschaftskrise wird mit Sicherheit Rückwirkungen haben", sagte der Leiter des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu), Klaus Beckmann, und sprach von einer "Finanzdelle". Nicht nur in der Verwaltung werde das Geld knapp - auch Betriebe würden genau überlegen, wie und in welchem Umfang sie sich in ihrem Viertel engagieren. Einige Maßnahmen würden da wohl unter den Tisch fallen.

Mit dem Quartiersmanagement unterstützt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung seit fast zehn Jahren Programme, um die Sozialstruktur in Problemkiezen zu festigen und die Lebensqualität gemeinsam mit den Bewohnern zu erhöhen. Derzeit werden Initiativen in 33 Vierteln vor allem in Mitte, Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg gefördert. Dafür stehen pro Jahr gut 15 Millionen Euro bereit.

Experten und Politiker suchen noch nach Rezepten, wie das Geld sinnvoll verteilt werden kann. "Wir müssen Lösungen finden, wie es weitergehen kann, ohne dass ewig viel Geld reingesteckt wird", sagte Beckmann. Die Bewohner müssten es schaffen, ihre Projekte selbst in die Hand zu nehmen; verlässliche Strukturen, klare Regeln und Grenzen für alle Beteiligten seien die Grundlage dafür. Ganz ohne finanzielle Anreize oder personelle Verstärkung werde es aber wohl nicht gehen, sagte der Difu-Chef. "Es braucht Zuckerle, sonst hängt den Engagierten irgendwann die Zunge raus."

Auch Staatssekretärin Dunger-Löper hat keine Musterlösung parat, wie die Menschen vor Ort dauerhaft und ohne ständige Finanzspritzen bei der Stange gehalten werden können. Sie erhofft sich aus der Auswertung der letzten Jahre Rückschlüsse auf Schwachstellen. Dunger-Löper gab zu, dass einige anfängliche Erwartungen an das Programm überzogen waren. "Wir können damit nicht die Arbeitslosigkeit senken." Wenn die Arbeitslosenquote nun in den Problemkiezen sinkt - wie im jüngsten Monitoring festgehalten -, ist das wohl eher ein bundesweiter Trend.

Konferenzteilnehmer zeigten sich ohnehin enttäuscht von Initiativen in ihren Kiezen. "Völlige Mittelverschwendung", schimpfte eine Frau aus Prenzlauer Berg. Die Evaluation einer beendeten Quartiersmaßnahme am Helmholtzplatz verlief in ihren Augen katastrophal. "So etwas Unqualifiziertes habe ich nicht mal im Osten erlebt." Ein Mann aus dem Gleimviertel zeigte sich ebenso erbost über das Management in seinem Kiez, das in seinen Augen völlig an den Wünschen der Bewohner vorbeiging.

Dunger-Löper räumte daraufhin ein, dass bei der Verteilung von Mitteln auch Fehler unterlaufen sind. "Wir haben aber bestimmte Strukturen, die sicherstellen sollen, dass die Arbeit transparent läuft", sagte sie etwas hilflos. Difu-Chef Beckmann warnte indes, das Programm zu verteufeln. "Die Alternative ist das, was vorher passiert ist", sagte er. "Nämlich gar nichts."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.