Brandenburg im Wahlkampf: Die SPD-Basis sieht schwarz

Offiziell zeigt sich die SPD auch offen für eine Koalition mit der Linken. An der Basis aber gibt es kaum Wechselstimmung.

Nach der Wahl hat Platzeck womöglich die Qual der Wahl Bild: ap

Johanna Wanka wird langsam nervös. "Die Generallinie der SPD", ärgert sich die CDU-Vorsitzende und Spitzenkandidatin in Brandenburg, "ist noch immer unklar." Sie persönlich könne zwar damit leben, dass die SPD von Matthias Platzeck bisher auf eine Koalitionsaussage verzichte, aber der Wähler wolle schon erfahren, ob Rot-Rot für die SPD vom Tisch sei oder nicht.

In der Tat hält sich Matthias Platzeck für die Landtagswahl am 27. September alle Optionen offen. Zieht die Linke nicht in letzter Minute an seiner SPD vorbei, hat Brandenburgs Ministerpräsident die Qual der Wahl. Regieren könnte er sowohl mit der CDU von Wanka als auch mit der Linken, die bereits in den Startlöchern steht. Ein Anruf bei den Chefs der SPD-Unterbezirke könnte Wanka allerdings beruhigen. Eine Wechselstimmung ist an der SPD-Basis nicht auszumachen. Umso größer ist der Wunsch nach Kontinuität.

In Frankfurt (Oder) verweist Unterbezirksgeschäftsführer Jörg Skibba auf die Zählgemeinschaft seiner SPD mit den Christdemokraten. "Wir haben in Frankfurt einen Oberbürgermeister von der CDU, arbeiten mit der CDU in einer Zählgemeinschaft und haben damit keine negativen Erfahrungen gemacht." Wenn sich die SPD auf Landesebene nun für ein Bündnis mit der Linken entschiede, meint Skibbe, könne das an der Basis schlecht ankommen.

Dass eine Neuauflage der Koalition mit der CDU ebenfalls Risiken birgt, weiß auch Skibbe. Immerhin hat sich bei der Aufstellung der Landesliste der Flügel um den CDU-Vizechef Sven Petke durchgesetzt. Anders als Wanka kann sich Petke die CDU auch in der Opposition vorstellen - und fährt einen entsprechenden Konfrontationskurs. "Wir wissen, wer Herr Petke ist, und wir wissen, welche Probleme er machen kann", sagt Skibbe. "Aber das Wagnis mit der Linken erscheint vielen noch größer."

Petke, das ist auch in der SPD-Landeszentrale ein rotes Tuch. "Es gibt in der SPD sehr viele, für die Petke als Minister unvorstellbar ist", weiß Generalsekretär Klaus Ness. Finanzminister Rainer Speer orakelte schon 2006, nicht mit einer CDU unter Petke koalieren zu wollen. Sven Petke, urteilte die Märkische Allgemeine, habe in der SPD noch immer "Feindbildstatus".

Hinter den Kulissen aber sucht die SPD nach Kompromissen. Gegen einen Innenminister Petke hätten die Genossen zwar etwas einzuwenden, gegen Petke als CDU-Fraktionschef aber weniger. Auch Thomas Günther, der Unterbezirksvorsitzender des Landkreises Oberhavel, ist beim Thema Petke "ganz gelassen". Eine Vorliebe für die Linke hat Günther unter seinen Mitgliedern jedenfalls nicht ausgemacht. "Es gibt keine Wechselstimmung." Ansonsten rät er, den 27. September abzuwarten. "Meine Fantasie schalte ich erst am Wahlabend ein."

Auch im Unterbezirk Brandenburg-Stadt versucht die SPD, das Thema Petke herunterzuspielen. "Es ist stimmt zwar, dass Sven Petke ein Problem werden könnte", meint Unterbezirkschef Ralf Holzschuher. "Ich weiß aber nicht, ob er zu einem Ausschlussgrund gemacht werden soll." Als Innenpolitiker habe er immer wieder mit Petke zu tun. "Meine Erfahrung ist die: Manchmal kann man mit ihm zusammenarbeiten, manchmal nicht."

Viel entscheidender als die Personalie Petke sind für Holzschuher die Inhalte: "Bisher hat die CDU Probleme mit unseren zentralen Forderungen." Für die märkische SPD stehen die Themen Mindestlohn, Verzicht auf Privatisierung kommunaler Unternehmen und die Einrichtung eines Datenschutzbeauftragten ganz oben.

Inhalte sind auch das Stichwort für Steffen Reiche. Der Exbildungsminister, der nach der letzten Wahl wegen seines Plädoyers für eine Koalition mit der Linken von Matthias Platzeck in die Wüste geschickt wurde, sieht inzwischen einen Stimmungswechsel. "Es gibt an der Basis eine ganz große Offenheit für eine Koalition mit der Linken", stellt er fest. Das gelte auch für die Wähler. "Für die Bürger sind beide Optionen gleichwertig."

Tatsächlich ergab die jüngste Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap, dass die Brandenburger keine Präferenz haben. 42 Prozent votieren für Rot-Rot, ebenso viele wünschen sich eine Fortsetzung der bisherigen Koalition.

Für die SPD-Unterbezirke gilt das aber nicht, mit Ausnahme der Uckermark, die noch unentschieden ist. "Bei uns", sagt Unterbezirkschef Frank Bretsch, "machen wir sachbezogene Politik - mit der CDU als auch mit der Linken." Welche Koalition er auf Landesebene wünscht, lässt Bretsch offen. "Das muss unser Ministerpräsident Matthias Platzeck entscheiden."

CDU-Chefin Wanka kann sich also zurücklehnen. Oder den Linken die Daumen drücken. Wird die SPD nur zweitstärkste Partei, stehen ohnehin alle Zeichen für Rot-Schwarz - auch wenn man von einer "großen" Koalition dann nicht mehr sprechen sollte.

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