Ungenießbare Kost im Schokoladen: Eigentümer zaubert neue Mieter aus dem Hut

Das Haus- und Kulturprojekt in der Ackerstraße hat handfesten Streit mit dem Eigentümer.

Aufregung im alternativen Kulturprojekt Schokoladen: Nachdem der Hauseigentümer am vergangenen Freitag sechs breitschultrige neue Mieter vorstellte und die besenreine Übergabe mehrerer Wohn- und Gewerbeeinheiten forderte, wollen sich die alteingesessenen Mieter wehren.

Im Innenhof der ehemaligen Schokoladenfabrik in der Ackerstraße in Mitte ist am Montagmorgen viel Betrieb. Freunde, Bewohner und Gäste haben sich versammelt und diskutieren das weitere Vorgehen. Dazwischen springt die 4 c der Weißenseer Picasso-Grundschule herum, die hier für ein Theaterstück probt. Für den Morgen hatten die angeblichen neuen Mieter angekündigt, einzuziehen und die umstrittenen Flächen nötigenfalls selbst auszuräumen, berichtet Aino Stratemann. Die freischaffende Designerin ist über das aggressive Vorgehen des Eigentümers und seiner neuen Mieter empört: "Es kann nicht sein, dass wir Kulturschaffende und Bewohner wegen der Machenschaften des Eigentümers hier Angst bekommen müssen."

Stratemann mietet das Gemeinschaftsatelier im Obergeschoss des Seitenflügels, wo die neuen Mieter eine Glaserei einrichten möchten. "So wie die angeblichen Mieter gebaut sind, müssen die den ganzen Tag Glas in die Luft halten", wirft Mathias ein, der im Kneipenkollektiv mitarbeitet. Stratemann geht es nicht nur um die eigene Werkstatt: Der Schokoladen sei im übersanierten Mittebezirk eine der letzten Oasen der Subkultur. "Stadtmarketing und Immobilienhaie werben mit uns, aber gleichzeitig graben die uns das Wasser ab." Das will sie mit aller Kraft verhindern.

Markus Friedrich, der Eigentümer des Hauses, sieht die Lage anders: "Meiner Meinung nach war kein aggressives Verhalten erkennbar", erklärt er der taz. Bis vor einem Jahr habe er die Immobilie verkaufen wollen, das hätten die Macher des Schokoladens aber mit Plakataktionen verhindert. Nun wolle er das Gebäude schrittweise neu vermieten und dabei sanieren, so Friedrich. Zu Gesprächen sei er aber grundsätzlich bereit.

Dazu wird Friedrich vermutlich bald Gelegenheit haben. Moritz Heusinger, der Anwalt des Schokoladens, möchte den Eigentümer jetzt schriftlich darum bitten. Im Vorgehen der neuen Mieter sieht er eine Nötigung. Man gehe allerdings davon aus, das sei keine Absicht des Eigentümers gewesen, sagt der Anwalt. Außerdem habe er die Rechtslage geprüft; es lägen gültige Mietverträge vor, so Heusinger.

Unterstützung erhalten die Macher des Schokoladens auch von Polizei und Bezirkspolitikern. Am Montagmittag kommen vier Beamte des zuständigen Polizeiabschnitts und erklären, dass sie in Zukunft ein genaues Auge auf das Haus haben werden. In privatrechtliche Auseinandersetzungen könne man sich nicht einmischen, aber man sei bei etwaigen Übergriffen durch die neuen Mieter sofort zur Stelle. Auch Wirtschaftsstadtrat Joachim Zeller (CDU) fände es sehr schade, wenn die Institution Schokoladen die Türen schließen müsste; SPD-Bezirksbürgermeister Christian Hanke signalisiert, dass er für Vermittlungen bereit stünde, wenn es Sinn macht.

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