Energieausweis: Ein Ausweis für jedes Haus

Im Verlauf dieses Jahres wird schrittweise ein Energieausweis für Gebäude eingeführt. Er soll zeigen, welche Kosten für Heizung zu erwarten sind. Verbraucherverbänden sind die Gesetze zu halbherzig.

Was beim Kauf von Waschmaschinen und Kühlschränken inzwischen völlig normal ist, gibt es demnächst auch für jedes Haus. Ein Energieausweis soll Angaben zur Energieeffizienz des Gebäudes liefern. Immer wenn ein Gebäude oder eine Wohnung neu vermietet, verkauft oder neu gebaut wird, muss der Eigentümer auf Verlangen den Energieausweis vorlegen. So soll Familie Mustermann vor dem Anmieten einer neuen Wohnung erkennen können, ob das Haus gut gedämmt und welche Nebenkosten für Heizung und Warmwasser zu erwarten sind.

Wer ab Mitte des Jahres eine Wohnung im Altbau neu vermieten oder verkaufen will, muss dafür einen Energiepass vorweisen. Er soll Mietern oder Käufern zeigen, ob das Haus gut gedämmt ist und wie teuer das Heizen wird. Unterdessen will Umweltsenatorin Karin Lompscher (Linke) Hausbesitzer durch baurechtliche Sanktionen und mieterfreundlichere Regelungen dazu bringen, ihre Häuser rascher energetisch zu sanieren. Angesichts steigender Energiepreise müssten Mieter "das Anrecht auf eine energetische Sanierung ihrer Wohnung erhalten", so die Senatorin.

"Die Einführung eines Energieausweises ist mehr als überfällig", sagt Hartmann Vetter, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. Allerdings hält er die jetzige Lösung noch für "unzureichend". Fünf Jahre brauchte die Bundesregierung, um eine EU-Vorgabe aus dem Jahr 2002 umzusetzen. Im Oktober 2007 trat sie dann endlich als neue Energieeinsparverordnung, kurz EnEV, in Kraft. Diese wird nun in drei großen Halbjahresschritten ab Sommer umgesetzt. Ab dem 1. Juli 2008 müssen bei allen vor 1965 gebauten Wohngebäuden bei Nutzerwechseln ein Energieausweis vorgelegt werden. Für seit 1965 gebaute Wohngebäude gilt dies ab dem 1. Januar 2009. Und bei sämtlichen restlichen Gebäuden greift die Verordnung ab dem 1. Juli 2009. "Wer aber nicht vorhat, sein Haus zu verkaufen oder eine Wohnung neu zu vermieten, benötigt auch künftig keinen Energieausweis", kritisiert die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Ausstellen dürfen den Energieausweis alle Baufachleute, die nachweislich im Bereich Energie spezialisiert sind, vom Handwerker bis zum Architekten. Vereinfacht ausgedrückt stehen ihnen zwei Berechnungsverfahren zur Auswahl. Zum einem kann der Aussteller des Energieausweises die Dämmung und den Zustand der Heizungsanlage genau anschauen und auf dieser Grundlage Aussagen zum Energiebedarf des Gebäudes treffen. Diese Werte werden unabhängig vom Nutzerverhalten und den konkreten Klimabedingungen ermittelt. Es wird sozusagen "objektiv" festgestellt, ob das Haus gut gedämmt ist und die Heizung effektiv arbeitet. Zum anderen kann der Aussteller des Energieausweises einfach die Heizungsabrechnungen der vergangenen drei Jahre zugrunde legen und daraus den Energieverbrauch berechnen. An diesem Messverfahren entzündet sich besonders die Kritik der Verbraucherschützer, denn es ist von allerhand subjektiven Faktoren abhängig (siehe Interview).

Seine Ergebnisse trägt nun der Aussteller im Energieausweis auf einer Farbskala von dunkelgrün über gelb bis dunkelrot ein. In den dunkelgrünen Bereich schafft es ein modernes Passivhaus, ganz im dunkelroten Bereich landet ein seit Jahrzehnten nicht modernisiertes Einfamilienhaus. Dazu kommen einige Daten zur Art und Menge des Energieverbrauchs. "Aber schon die Angaben zu den CO2-Emissionen ist freiwillig", kritisieren Verbraucherschützer. In einer Anlage gibt der Aussteller zusätzlich noch einige Modernisierungsempfehlungen ab. Diese kann der Hauseigentümer aber ganz einfach in seinen Akten verschwinden lassen.

Denn für einen Gebäudeeigentümer ergeben sich über die Vorlagepflicht bei Verkauf oder Neuvermietung hinaus keine rechtlichen Konsequenzen aus dem erstellten Energieausweis, auch nicht zu Maßnahmen zur Heizkostenreduzierung. Nur wenn ein Eigentümer den Ausweis nicht vorlegt, kann er mit einer Geldbuße von bis zu 15.000 Euro belangt werden.

Weiter empört die Kritiker, dass Mieter in bestehenden Mietverhältnissen kein Recht haben, einen Energieausweis einzufordern. "Trotzdem geht es jetzt darum, dass die Mieter dies von ihrem Vermieter verlangen", fordert Vetter vom Berliner Mieterverein, um den nötigen Druck für Klimaschutzmaßnahmen zu erzeugen. Modernisiert der Eigentümer sein Haus, so kann er zwar jährlich bis zu 11 Prozent der Kosten auf die Mieter umlegen. Diese amortisieren sich für die Mieter jedoch zum Beispiel beim Einbau eines neues Brennkessels durch niedrigere Heizkosten innerhalb weniger Jahre. Bei einer Fassadendämmung oder dem Einbau von neuen Fenstern kann es aber leicht bis zu 25 Jahre dauern, bis diese Ausgaben in Form von niedrigeren Heizkosten wieder eingespielt werden. "Nur wenn man mit heutigen Energiepreisen rechnet, ist der Zeitraum so lang", entgegnet Vetter, "legt man zukünftige Energiepreise zugrunde, verkürzt sich der Zeitraum wesentlich."

Hier funktioniert noch keine Motivation über den Geldbeutel, sondern nur über die allgemeinen Ziele des Klimaschutzes und um der Abhängigkeit von Öl und Erdgas zu entkommen. Diese beiden Ziele hat besonders die EU im Auge. In ihrer EU-Gebäuderichtlinie fordert sie Aufschluss über den Energiebedarf und insbesondere Energieeffizienz auch für Behörden, Schulen, Bürogebäude und sogar Warenhäuser. Alle "öffentlichen Gebäude" mit einer Gesamtnutzfläche von über 1.000 Quadratmeter müssen in den nächsten Jahren an einer gut sichtbaren Stelle einen höchstens zehn Jahre alten Energieausweis anbringen.

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