Kommentar zum Polizeieinsatz von Quartzsandhandschuhen: Ein brutaler Vertrauensbruch

Wie soll der Punk oder der fußballfanatische Hooligan jemals glaubhaft nachweisen, dass seine blutige Nase von einem schlagkraftverstärkenden Quarzssandhandschuh verursacht wurde? Keine Chance! Das Klischeebild des brutal zuschlagenden Bullen wird leider ein Comeback erleben.

Es liest sich wie das Horrorszenario aus einem Polizeistaat. Beamte der Einsatzhundertschaften haben sich offenbar reihenweise Handschuhe beschafft, die ihr oberster Chef als Waffe einstuft. Die Konsequenz ist brutal: Die Beamten haben mit einem Schlag das Vertrauen zerstört, das sich die Berliner Polizei zuletzt mühevoll aufgebaut hatte.

In Teilen der Beamtenschaft fehlt offenbar jegliches Unrechtsbewusstsein. Das zeigen die Aussagen des mit Polizeiinterna vertrauten Beamten. Das belegen aber noch viel deutlicher die Beiträge in einschlägigen Internetforen, auf denen nicht nur offenherzig über die Kiefer zerstörende Schlagkraft der Quarzsandhandschuhe berichtet wird. Diese Einträge sind häufig auch noch mit böse grinsenden Smilies versehen.

Polizei muss manchmal hart zupacken. Dafür wurde sie eingerichtet. Genau dafür aber benötigt sie das uneingeschränkte Vertrauen der Bevölkerung, dass jeder dieser Einsätze tatsächlich gerechtfertigt ist. Dies aber kann sie nur mit einer möglichst großen Offenheit gewinnen.

Doch im Gegenteil ist es nahezu unmöglich, Übergriffe von Beamten im Dienst nachzuweisen. Man benötigt schon aussagekräftige Videoaufnahmen, möglichst aus einer Polizeikamera, um wenigstens halbwegs glaubhaft machen zu können, dass da überhaupt etwas schiefgelaufen ist. Wie aber soll der Antifa-Punk, der Migrant mit dem gebrochenen Deutsch oder der fußballfanatische Hooligan jemals glaubhaft nachweisen, dass seine blutige Nase von einem schlagkraftverstärkenden Quarzsandhandschuh verursacht wurde? Keine Chance! Deshalb ist eines sicher: Das Klischeebild des brutal zuschlagenden Bullen wird leider ein Comeback erleben.

Selbst der engagierteste Polizeipräsident steht vor einem Dilemma. Er muss intern mit aller gebotenen Härte durchgreifen - selbst wenn er so in die Gefahr kommt, sein Ansehen in seiner Truppe komplett zu verlieren.

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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