S-Bahn Chaos in Berlin: Es kann noch schlimmer werden

S-Bahner befürchten, dass in den nächsten Wochen noch mehr Züge in die Werkstatt müssen. Einen ersten Hinweis auf Probleme mit der Radscheibe gab es schon 2003. Das wurde jedoch nicht gemeldet

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Die Ausfälle bei der S-Bahn können nach den Befürchtungen des Betriebsrats und der Konzernspitzen von S-Bahn und Deutscher Bahn noch weiter zunehmen. Bei einer Sondersitzung des Verkehrsausschusses am Mittwoch sagte S-Bahn-Chef Peter Buchner: "Wir müssen uns leider auf noch schlimmere Szenarien einstellen." Möglicherweise muss die S-Bahn ihre Züge demnächst noch öfter warten. Nach Angaben der Deutschen Bahn ist das aber erst in den nächsten Tagen absehbar, wenn ein Bescheid des Eisenbahnbundesamtes (EBA) vorliegt. Im Anschluss lasse sich klären, wie viele Züge der Flotte zur Verfügung stünden.

Die S-Bahn musste vor mehr als zwei Wochen die Hälfte ihrer Züge vom Gleis nehmen, weil sie die nach einem Unfall vom EBA vorgegebenen Wartungsintervalle nicht einhielt. Als Konsequenz wurde die vierköpfige Führungsspitze der S-Bahn ausgewechselt.

Auch der Vorsitzende des Betriebsrats, Heiner Wegner, ging in der Sitzung von einer weiteren Verschärfung der Situation aus. Personal und Werkstätten würden nicht ausreichen, um die vorgegebenen Kontrollen durchzuführen. Wegner sagte, dass mit der S-Bahn die "Lebensader der Stadt nahezu getötet" worden sei. Die Verantwortung für die aktuelle Situation liegt für Wegner in dem vom Mutterkonzern Deutsche Bahn verordneten Sparkurs.

Auch der Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), Hans-Werner Franz, sieht die aktuellen Ausfälle im Zusammenhang mit der Entwicklung der S-Bahn in den letzten Jahren. So habe unter anderem die Zahl der Signalstörungen und Weichenausfälle deutlich zugenommen - ein Indiz für Folgen einer Sparpolitik. "Seit Jahren ist die Qualität kontinuierlich nach unten gegangen, auch beim Thema Pünktlichkeit", sagte Franz. Symptomatisch dafür sei, dass zu Qualitätsgesprächen seit zwei Jahren keine Eisenbahner mehr erscheinen würden, sondern Juristen. "Es fehlt an einem Umsteuern hin zu einem kundenorientierten Unternehmen", kritisierte er.

Unklar blieb, wie es nun mit dem Vertrag zwischen S-Bahn und Senat weitergeht, der regulär bis 2017 läuft. "Natürlich müssen wir uns mit dem Vertrag auseinandersetzen, aber das steht im Moment nicht im Vordergrund", sagte die Senatorin für Stadtentwicklung und Verkehr, Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Dennoch lasse sie "Ausschreibungsvarianten" prüfen und auch von der vertraglichen Möglichkeit, Geld einzubehalten, werde Gebrauch gemacht. "Für Leistungen, die nicht erbracht werden, wird kein Geld gezahlt", so Junge-Reyer. Die Mittel sollten jedoch nicht beim Senat bleiben, sondern wieder in den öffentlichen Nahverkehr fließen.

Das Eisenbahnbundesamt bestätigte unterdessen, dass es bereits im Jahr 2003 einen Schaden an einer Radscheibe gab, der damals von der S-Bahn nicht gemeldet wurde. Erst mit dem Unfall am 1. Mai in Kaulsdorf, bei dem ein Rad brach, habe das EBA davon erfahren. "Das Unternehmen hat in so einem Fall dafür zu sorgen, dass die Sache untersucht wird und nicht wieder vorkommt", sagte EBA-Sprecher Ralph Fischer der taz.

Die Kunden müssen sich nun zunächst auf eine längere Zeit der Ausfälle einstellen. Junge-Reyer gab an, dass neben Regionalzügen, die bereits den Ausfall einiger S-Bahnen abfangen sollen, verstärkt geprüft werden solle, welche Ausfälle die BVG kompensieren könne. Laut S-Bahn-Chef Buchner sollen zudem ab Anfang August 45 zusätzliche Mitarbeiter auf den Bahnsteigen die Fahrgäste informieren.

"Seit Jahren ist die Qualität kontinuierlich nach unten gegangen"

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