Rechtsextreme Demonstration in Berlin: Freie Bahn für Nazis

Rund 750 Rechtsextreme demonstrieren am Samstag gegen linke Gewalt durch Berlin. Polizei verhindert mit massivem Aufgebot Blockaden von Nazi-Gegnern.

Auf der rechten Fahrbahn die Nazis, auf der linken die Nazi-Gegner, dazwischen die Polizei: Samstagnachmitttag in Berlin Bild: ap

750 Nazis sind am Samstag weithin ungehindert durch Berlin marschiert. 1.000 Polizisten verhinderten mehrere Blockadeversuche der Gegendemonstranten und eskortierten die Rechten ohne größere Unterbrechungen von ihrer Auftaktkundgebung am Berliner Alexanderplatz zum S-Bahnhof Landsberger Allee. Aus dem ganzen Bundesgebiet waren zumeist Angehörige von Freien Kameradschaften angereist, um "gegen linksextremistische Gewalt" zu demonstrieren.

In Folge eines Brandanschlags auf die bei Rechtsextremen beliebte Kneipe "Zum Henker" in Berlin-Schöneweide vor mehr als einer Woche war ein 28-Jähriger Berliner Neonazi lebensgefährlich verletzt worden. Zwei weitere hatte leichte Verletzungen erlitten. Dass die Polizei die Tat inzwischen aufgeklärt und einen politischen Hintergrund ausgeschlossen hat, interessierte die Rechtsextremen nicht. Aufgrund der "Verstrickungen von krimineller Antifa, Polizei, Politik und Presse" sei dies unglaubwürdig, hieß es in Redebeiträgen. Der Hamburger Neonazi-Kader Christian Worch etwa fabulierte von seiner "ersten Straßenschlacht vor 32 Jahren", nach der er und seine Kameraden "Hetzkampagnen der Medien" ausgesetzt gewesen seien.

"Das Ganze zeigt, dass die Nazis Anlässe konstruieren, um den politischen Gegner zu diffamieren", sagte die Geschäftsführerin des Trägervereins der Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) Bianca Klose der taz am Rande der Gegenkundgebung "Bunt, laut & friedlich!". Durch dieses aggressive Vorgehen lenkten die Rechtsextremen von internen Streitigkeiten ab. Die MBR sowie Klose selbst waren nach dem Vorfall in Schöneweide Zielscheibe von massiven Drohungen aus der rechten Szene geworden.

Nur wenige Stunden nach dem Ende der Demonstrationen am Samstag sind auf der Videoplattform Youtube Aufnahme aufgetaucht, die gewalttätige Übergriffe von Polizisten auf Gegendemonstranten dokumentieren sollen. In dem Film ist zu sehen, wie Beamte eine Sitzblockade räumen - und dabei wenig einfühlsam vorgehen. Faustschläge ins Gesicht von Demonstranten, wie es auf der Demo "Freiheit statt Angst" im September dokumentiert wurde, sind hier aber nicht zu erkennen.

Die Polizei sprach von einer "im Wesentlichen störungsfreien Demonstration". Insgesamt nahm sie vier Rechtsextreme und 22 Gegendemonstranten fest, meist wegen Vermummung oder Errichtens von Hindernissen. Die Polizei hatte auch Wasserwerfer und Räumfahrzeuge aufgefahren. Teilweise eskortierten die 1.000 eingesetzten Beamten die als schwarzer Block angetretenen Nazis in einem Kessel.

Lars Laumeyer von der Antifaschistischen Linken Berlin kritisierte, dass die Polizei nicht eingriffen hab, als Nazis "Juden raus" skandierten und die Namen politischer Gegner, darunter Opfer rechter Gewalt, verlasen. Stattdessen hätten die Einsatzkräfte Gegendemonstranten massiv mit Schlagstöcken und Reizgas attackiert.

Ein Sprecher der Nazis hatte sich unterwegs darüber mokiert, dass die Polizei ihm verboten habe, weiterhin den Spruch "Wir kriegen euch alle" per Lautsprecher Richtung Gegendemonstranten zu rufen. (taz)

Auch bei der Demonstration am Samstag bezeichneten Redner der Nazis Klose als "geistige Brandstifterin". Lars Laumeyer von der Antifaschistischen Linken Berlin kritisierte, dass die Polizei nicht eingriff als Nazis "Juden raus" skandierten und die Namen politischer Gegner, darunter Opfer rechter Gewalt, verlasen. Stattdessen hätten die Einsatzkräfte Gegendemonstranten massiv mit Schlagstöcken und Reizgas attackiert.

Die Polizei sprach stattdessen von einer "im Wesentlichen störungsfreien Demonstration". Insgesamt nahm sie vier Nazis und 22 Gegendemonstranten fest, meist wegen Vermummung oder Errichtens von Hindernissen. Es sei gelungen, das Aufeinandertreffen von gewaltbereiten Rechten und Linken zu verhindern.

Tatsächlich schirmte ein dichter Polizeikordon die Nazi-Demonstration ab, Wasserwerfer, Räumfahrzeuge und Mannschaftswagen sperrten die Route schon frühzeitig. Am S-Bahnhof Jannowitzbrücke drängten Polizeibeamte die Gegendemonstranten, darunter Linksautonome ebenso wie Mitglieder verschiedener Parteien und Verbände, rasch von der Straße, sodass die Rechten passieren konnten. Nahe kamen sich beide Seiten am Strausberger Platz. Vereinzelt flogen Gegenstände, im Getümmel verlor auch die Polizei zeitweise die Übersicht: Als ein Ei und zwei Steine die Seiten wechselten, sprühte ein Beamter Reizgas in den Nazi-Aufzug. Kollegen zogen ihn daraufhin weg und stauchten ihn zusammen.

Indessen marschierten die Nazis an einer brennenden Papiertonne vorbei zum Platz der Vereinten Nationen. Eine dort von der Friedrichshainer "Initiative gegen rechts" angemeldete Gegenkundgebung hatte die Polizei untersagt. So bot sich in der Landsberger Alle ein skurriles Bild: Auf der rechten Fahrbahn-Seite liefen die Nazis, auf der linken die Gegendemonstranten - beide Seiten skandierten Parolen über die dazwischen positionierten Polizeikräfte. Ein Zeichen anderer Art setzten währenddessen BürgerInnen am späten Sonnabendnachmittag in Schöneweide: In einem "stillen Umzug" zogen sie nach einem Aufruf durch den Bezirk Treptow-Köpenick und das lokale Bündnis für Demokratie und Toleranz vorbei am Nazi-Treff "Zum Henker".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.