Vorbereitungen zum Tag der Arbeit: Friede, Freude, 1. Mai

Eitel Sonnenschein vor dem 1. Mai - das hat es seit 20 Jahren nicht mehr gegeben. Nicht nur Senat und Opposition sind zufrieden mit den Vorbereitungen. Auch linke Gruppen beharken sich nicht mehr.

Dialektischer Widerspruch: Eine ruhiger 1. Mai dürfte bei diesem Arbeiter zur Auftragsflaute führen Bild: AP

Die Vorbereitungen auf den 1. Mai verlaufen so entspannt wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Ganze zehn Minuten widmete sich der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses am Montag dem Thema, das vor nicht allzu langer Zeit den jeweiligen Innensenator noch fast den Kopf gekostet hätte. Polizeipräsident Dieter Glietsch wollte zwar nicht ausschließen, dass es auch in diesem Jahr wieder zu Ausschreitungen kommen könnte. Er versicherte aber: "Das Personal ist so stark vertreten, dass wir die Stadt unter Kontrolle haben werden." Die Opposition zeigte sich zufrieden.

Mit wenigen Ausnahmen ist es seit 1987 rund um den 1. Mai vor allem in Kreuzberg immer wieder zu schweren Krawallen gekommen. Spätestens seit 2005 ist das Ausmaß der ritualisierten Gewaltexzesse aber stetig zurückgegangen. Das hängt zum einen mit der Deeskalationsstrategie der Polizei zusammen. Diese sieht vor, dass Einsatzkräfte Demonstranten und Teilnehmer der Straßenfeste weitgehend gewähren lassen und nur vereinzelt bei Straftätern einschreiten.

Demonstrationsbeobachter haben in den vergangenen Jahren zwar kritisiert, dass es dennoch zu brutalen Übergriffen gekommen ist. Stundenlange Straßenschlachten gab es aber nicht mehr. Zugleich trug eine Anwohnerinitiative zusammen mit dem Bezirksamt zur Befriedung bei. In Unterstützung mit dem Senat, Gewerbetreibenden und Anwohnern riefen sie in Kreuzberg das sogenannte Myfest ins Leben und sorgten dafür, dass einzelne Flaschenwürfe von alkoholisierten Jugendlichen vor allem in die späten Abendstunden verdrängt wurden. Seitdem kommen jedes Jahr Zehntausende nach Kreuzberg, um friedlich den Maifeiertag zu begehen.

Eitel Sonnenschein scheint dieses Jahr auch bei den OrganisatorInnen der politischen Demonstrationen zu herrschen: Hatten sich die linken Gruppen in so manchen Jahren beharkt, weil sie in den Demos und Festen der anderen Konkurrenzveranstaltungen sahen, sind die Konflikte weitgehend beigelegt. Sebastian Lorenz, Sprecher der Antifaschistischen Linken (ALB), führt es auf einen Bewusstseinswandel aller Beteiligten zurück. "Viele, die beim Myfest mitmachen, finden auch die Demos gut", sagte Lorenz. Deswegen gebe es inzwischen keine Vorbehalte mehr, wenn die Demozüge auch durch das Myfest zögen. Für Lorenz ist die große Anzahl der Veranstaltungen ein "Ausdruck der Vielfältigkeit".

Wer an diesem Tag alles mitnehmen möchte, der muss sich allerdings sputen: Die Gewerkschaften begehen den Tag der Arbeit am Vormittag vor dem Brandenburger Tor. Die traditionelle "Revolutionäre 1. Mai-Demonstration" soll um 13 Uhr am Oranienplatz beginnen. Unter dem Motto "be.Streik.berlin! Organisiert das schöne Leben" mobilisiert ein linkes Bündnis zur dritten Mayday-Parade nach Kreuzberg und Neukölln. Und unter Federführung der ALB ruft ein weiteres Bündnis um 18 Uhr zur antikapitalistischen Demo auf, die sich "gegen Stadtumstrukturierung und Verdrängung von sozial Deklassierten" richtet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.