Berliner Gaspreise: Gericht soll Geldhahn der Gasag aufdrehen

Trotz eines Urteils will die Gasag ihre Kunden nicht entschädigen. Politiker empfehlen den Gang vors Gericht, Verbraucherzentrale will für Betroffene eine gemeinsame Klage anstreben.

Die Gasag will nicht zahlen Bild: AP

Verbraucherschützer und Politiker empfehlen Gasag-Kunden, Klage gegen ihren Gasversorger einzureichen. Sie zeigten sich enttäuscht darüber, dass das Unternehmen trotz eines Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) ihren Sondervertragskunden kein Geld zurückzahlen will. "Ich glaube nicht, dass das Thema damit beerdigt ist", sagt der umweltpolitische Sprecher der SPD, Daniel Buchholz. Auch Verbraucherschutzsenatorin Katrin Lompscher (Linke) meint: "Den betroffenen Berlinerinnen und Berlinern bleibt nur noch die Möglichkeit, ihre Ansprüche auf Rückzahlungen vor Gericht geltend zu machen." Dazu rät auch die Verbraucherzentrale.

Mitte Juli hatte der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass die sogenannte Preisanpassungsklausel in den Sonderverträgen "Vario" und "Aktiv" unwirksam ist. Die Gasag hatte sich darin das Recht eingeräumt, bei steigenden Ölpreisen die Tarife anzuheben, sich aber nicht verpflichtetet, zu bestimmten Zeitpunkten die Preise zu senken. Das hatte das Gericht bemängelt, aber das Unternehmen nicht ausdrücklich zur Rückerstattung verurteilt.

Trotzdem gehen Verbraucherschützer davon aus, dass die Gasag diese 300.000 Kunden angemessen entschädigen muss, da sie ihnen in zwei Tariferhöhungen im Oktober 2005 und Januar 2006 unrechtmäßig Geld abgenommen hat. Der Gasversorger verneint dies jedoch: "Wir haben uns fair und korrekt verhalten und es gibt nichts zurückzuerstatten", erklärt Gasag-Pressesprecher Klaus Haschker. Eine gerichtsfeste Klausel hätte nichts an den Gaspreisen geändert. Das Unternehmen sei von der Preisentwicklung auf dem Weltmarkt abhängig. Einer möglichen Klagewelle sehe die Gasag "sehr gelassen" entgegen, so Haschker. Schließlich habe man die Sondervertragskunden nicht übervorteilt.

Da sind die Verbraucherschützer allerdings anderer Meinung: "Aus unternehmerischer Sicht ist die Gasag-Entscheidung verständlich, sie spekuliert auf einige 10.000 Euro Prozesskosten statt mehreren Millionen Euro Entschädigung", sagt Bernd Ruschinzik, Jurist bei der Verbraucherzentrale. Allerdings sei das BGH-Urteil eindeutig. "Die Kunden haben bei einer Klage allerbeste Aussichten auf Erfolg." Ob sich der gerichtliche Weg lohne, müsse jede und jeder Betroffene selbst abwägen.

Die Verbraucherzentrale prüft laut Ruschinzik eine Einziehungsklage, bei der sie geschädigte Kunden vertritt. Der Jurist empfiehlt allen Betroffenen, beim Amtsgericht Mitte Klage einzureichen und die Unterlagen der Verbraucherzentrale zu überlassen. Bisher hätten sich "eine Handvoll Kunden" gemeldet, in einem Fall gehe es um eine Rückzahlungsforderung von 650 Euro. Im Schnitt geht er von 100 bis 200 Euro aus.

Wer Klage erwägt, solle zuerst prüfen, ob die vom BGH bemängelte Klausel in seinem Vertrag stünde, erklärt der Verbraucherschützer. Auch müsse sämtlicher Schriftverkehr mit der Gasag lückenlos vorhanden sein. "Anhand der Abrechnungen lässt sich die Differenz zwischen dem ausrechnen, was rechtmäßig ist und was wirklich gezahlt wurde." Dazu müsse der Gaspreis vor Sondervertragsabschluss mit dem Verbrauch zwischen Oktober 2005 und Ende 2006 multipliziert und verglichen werden mit den Abrechnungen.

Damit beginnt der Streit um die Gaspreise wieder in der untersten Instanz - beim Amtsgericht. Eine endgültige Entscheidung erwarten alle Beteiligte erst in einigen Jahren. Grit Weirauch

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