Kandidaten für den Bundestag: Grüne goutieren gute Rede

Lisa Paus erkämpft sich auf dem Parteitag einen Listenplatz gegen Alice Ströver. Renate Künast bleibt zwar Nr. 1, schneidet aber weit schwächer ab als früher.

War nicht ganz so dolle: Renate Künast bekomt als Spitzenkandidatin nur 77 Prozent Bild: DPA

Die Spitzenkandidatin der Berliner für die Bundestagwahl 2009 heißt erwartbar Renate Künast. Eigentliche Gewinnerin des Grünen-Landesparteitag am Sonntag aber ist Lisa Paus. Die Wirtschaftsexpertin und bisherige Landespolitikerin eroberte nach einer sehr guten Vorstellung den nicht sicheren, aber chancenreichen Platz 3 der Landesliste. Platz 2 ging an den Exsenator Wolfgang Wieland, der sich klar gegen Özcan Mutlu durchsetzte. Künast hingegen erlebte eine kleine Klatsche. Sie erhielt, obwohl einzige Kandidatin für Platz, 1 nur 77 Prozent der Stimmen. Bei ihrer Nominierung 2002 und 2005 waren es jeweils rund 10 Prozentpunkte mehr.

Klare Verliererin des Parteitags ist Kulturexpertin Alice Ströver, die Paus mit 39,7 zu 53,6 Prozent unterlag. In der Partei war man von einer wesentlich knapperen Entscheidung ausgegangen. Paus, die in der Vergangenheit schon deutlich schlechtere Auftritte hingelegt hatte, überraschte am Sonntag mit einer weitgehend frei vorgetragenen lockeren Rede. Sie verwies zwar durchaus auf ihre Kompetenz als Wirtschaftspolitikerin, übertrieb es aber nicht mit dem Eigenlob. Diese Tendenz hatte dagegen Ströver bei ihrer vom Blatt abgelesenen Rede. Ihre Verdienste um die Berliner Kulturpolitik sind zwar nicht zu bestreiten, dennoch blieb bei der Partei offenbar der Eindruck hängen, hier klappere jemand deutlich mehr, als es zum Handwerk gehört.

Viel erwartbarer als dieses Ergebnis war die Niederlage von Bildungspolitiker Mutlu. Er hatte zu Beginn der Woche überraschend eine Kampfkandidatur um Platz 2 angekündigt. Schon vor dem Parteitag galt Wieland als Favorit - direkt vor den über 600 Mitgliedern im Saal konnte er dann seine bereits während vieler Jahre im Abgeordnetenhaus gerühmten rhetorischen Qualitäten ausspielen.

Künast, die am kommenden Wochenende beim Grünen-Bundesparteitag mit Exminister Jürgen Trittin auch bundesweite Nr. 1 für die Bundestagswahl werden soll, war der Ärger über ihr schwaches Ergebnis kurz nach der Auszählung anzumerken. Mit etwas Abstand hingegen nannte sie den Ausgang später "noch ein ganz gutes Ergebnis" und machte mehrere Gründe für ihre Verluste verantwortlich: einerseits, dass sie nicht mehr Ministerin ist, andererseits ihre Haltung zum Afghanistankrieg, bei dem sie eine Mandatsverlängerung nicht abgelehnt, sondern sich enthalten hatte. Künast deutete auch an, Grüne aus dem Paus-freundlichen Kreuzberg könnten in ihr eine Ströver-Unterstützerin gesehen und sie deshalb abgestraft haben.

In ihrer Rede forderte Künast als Wahlziel für die Berliner Grünen "das beste Zweitstimmenergebnis der Republik". Konkret sollen es mehr als jene 14,9 Prozent werden, die die Hamburger Grünen 2005 holten - in Berlin waren es 13,7 Prozent. Sie verlangte, die Grünen müssten "raus aus dem Klein-Klein", weg vom Lager- und Flügeldenken. "Es gibt bei den Grünen nur eine Strömung, und die ist grün", sagte Künast. Für den Fall einer Koalition sprach sie sich für eine Ampelregierung aus. Rot-Grün allein wäre ihr zwar lieber, "aber ich kann ja rechnen".

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