Grundschul-Demo: Grundschulen im Klassenkampf

Mit einem "demonstrativen Wandertag" wehren sich Eltern, Lehrer und Schüler von Grundschulen gegen Kürzungen.

Es soll enger werden in den Grundschulklassenzimmern. Bild: AP

Kürzungen von Förderstunden für Kinder aus problembelasteten Familien, größere Klassen bei weniger Lehrkräften - Grundschulen sehen durch solche Sparmaßnahmen ihre Arbeit in Gefahr. Deshalb rufen viele von ihnen am heutigen Donnerstag zu einer Protestaktion gegen die Misere auf - die meisten sind Schulen in sozialen Brennpunkten.

Sie treffen die Kürzungen besonders hart. Ein Beispiel ist die Hunsrück-Grundschule in Kreuzberg. Zwei Drittel der Kinder dort stammen aus Einwandererfamilien, viele Eltern sind arbeitslos. Das muss zwar keineswegs immer bedeuten, dass die Kinder Lernprobleme haben, sagt Martin Ehlebracht, Elternvertreter der Schule: "Wir haben als Grundschule mitten in Kreuzberg eine sehr gemischte Schülerschaft und dadurch ein breites Leistungsspektrum in den Klassen." Kinder gezielt zu fördern werde allerdings immer schwieriger: "Früher konnten manchmal zwei Lehrer mit einer Klasse arbeiten", so Ehlebracht. Mit den Kürzungen falle diese Möglichkeit weg. Und aus bisher fünf kleinen vierten Klassen müssen vier werden, die dann entsprechend größer sind.

Das ist das Resultat einer der Sparmaßnahmen, die Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) derzeit umsetzt: Anders als bisher höchstens 24 sollen auch Grundschulklassen an Brennpunktschulen künftig 28 Kinder umfassen. Durch die Reduzierung der Förderstunden für Kinder nichtdeutscher Muttersprache stehen den größeren Klassen dann auch noch weniger Lehrerstunden zu: Hatte im Schuljahr 2007/08 eine sechste Klasse aus 25 Kindern noch Anspruch auf 37,05 Stunden wöchentliche Lehrerarbeitszeit, sind es nach den neuen Zumessungsrichtlinien sieben Wochenstunden weniger, rechnet Hans-Jürgen Heusel von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vor. "Für Teilungsstunden zur Förderung schwächerer Schüler bleibt da keine Zeit mehr."

Das leuchtet den Eltern der Hunsrückschule vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen Schulreform nicht ein: An den Sekundarschulen sollen nicht mehr als 25 Kinder in einer Klasse sitzen, wundert sich Elternsprecher Ehlebracht: "Unsere Forderung ist: Grundschulen dürfen nicht schlechter ausgestattet sein als Sekundarschulen."

Dieser Forderung soll an diesem Donnerstag Ausdruck verliehen werden: Mit einem Wandertag, der vom Kreuzberger Mehringplatz zum Abgeordnetenhaus führt. Mit einer "kargen Bildungssuppe", zu der sie die Abgeordneten mittags einladen, wollen die Veranstalter die prekäre Lage des Bildungssystems dokumentieren.

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