Bezirke müssen sparen: Kaum Qual der Wahl

Im Doppelhaushalt 2010/11 müssen die Bezirke wieder extrem sparen. Gegen die massiven Kürzungen bei Kultur und Sozialem demonstriert ein breites Bündnis.

So flüssig sind die Berliner Bezirke nicht mehr. Bild: ap, Michael Probst

Es wird ein bunter Haufen sein, der sich heute auf die Fahrräder schwingt: Mit einer Sternfahrt wollen Sozialarbeiter, Bibliothekare, Jugendliche und Senioren gegen Berlins Sparpolitik demonstrieren. Aufgerufen hat ein breites Bündnis aus Initiativen und Einzelpersonen, die von den geplanten Kürzungen der Bezirke betroffen sind. Über deren Haushalte wird der Senat im Dezember entscheiden, wenn er seinen Doppelhaushalt 2010/11 beschließt.

Die zwölf Bezirke stehen seit Jahren unter Sparzwang, denn von Doppelhaushalt zu Doppelhaushalt kürzt der Senat die Zuwendungen. Der Entscheidungsspielraum bei der Frage, wo gekürzt wird, ist klein. Etwa 95 Prozent der Senatszuwendungen sind an Pflichtausgaben der Bezirke wie Wohngeld, Hartz IV oder die Bereitstellung von Kitaplätzen gebunden. Nur bei den verbleibenden sogenannten freiwilligen Aufgaben kann gespart werden. Dazu gehören Jugendfreizeiteinrichtungen, Bibliotheken, Musikschulen oder die Grünflächenpflege.

Besonders hart trifft es den Bezirk Mitte. Dort fehlen 23,8 Millionen Euro und der Entwurf des Haushaltsplans - beschlossen wird er im November von der Bezirksverordnetenversammlung - sieht deshalb das größte Sparkonzept seit der Bezirksfusion 2001 vor. Einrichtungen wie das Kulturhaus Mitte, das Weinmeisterhaus, Senioreneinrichtungen und Bilbiotheken sollen geschlossen werden. Zudem soll die Erziehungs- und Familienberatung an freie Träger übergeben werden - eine Praxis, die derzeit einige Bezirke verfolgen.

In Neukölln allerdings soll sogar finanziell aufgestockt werden. "Wir können im sozialen Bereich nichts mehr sparen, wenn wir nicht wollen, dass der Bezirk mit seinen sozialen Problemen auseinanderfliegt", sagt die grüne Jugendstadträtin Gabriele Vonnekold. Das kommt Projekten wie dem Stadtteilmütterprojekt und dem Rütli-Campus zugute. Auch die Musikschule erhält eine Aufstockung von 500.000 Euro, im Kinder- und Gesundheitsbereich werden für 160.000 Euro neue Mitarbeiter eingestellt. Das ist allerdings nur möglich, weil Neukölln eine massive Privatisierungswelle hinter sich hat. Fast alle Grünflächen werden, anders als etwa in Mitte, inzwischen von privaten Unternehmen gepflegt. Von den 41 Einrichtungen für Kinder, Jugendliche und Familien werden bereits 22 in freier Trägerschaft betrieben, um Personalkosten zu sparen. In den verbleibenden öffentlichen Einrichtungen sei so viel im Personalbereich gekürzt worden, dass auch durch freie Trägerschaft nichts mehr einzusparen sei, erklärt Vonnekold.

"Unser gesamter Personalkörper ist klapperdürr und der dünnste aller Bezirke", sagt Vonnekold. Das führe leider auch zu den langen Wartezeiten bei Wohngeldanträgen. Trotzdem sollen die geplanten Mehraufwendungen für soziale und kulturelle Projekte durch weiteren Personalabbau im Verwaltungsbereich und durch die Zusammenlegung von Bürostandorten gedeckt werden.

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