Kindertagesstätten: Kita muss empfindlichem Nachbarn weichen

Die Kita Milchzahn e. V. in Friedenau muss ausziehen, weil sich ein Nachbar durch den Lärm der Kinder gestört fühlt. Er hat erfolgreich vor dem Amtsgericht geklagt.

Die Kinder stehen im Kreis und singen fröhlich. Mit Feuereifer reichen sie ein Stofftier weiter und klatschen dabei in die Hände. Ein kleiner Junge lässt das Stofftier fallen. Das Spiel ist unterbrochen. Begeistert johlen die anderen Kinder los. Nach den Spielregeln muss der Junge jetzt nämlich aussetzen. Dass sie vielleicht alle bald hier nicht mehr spielen dürfen, davon ahnen sie nichts.

Die Kita Milchzahn e. V. in der Odenwalder Straße in Friedenau hat zum 31. Mai die Kündigung bekommen. Ein Anwohner hatte wegen Lärmbelästigung geklagt und Ende 2007 schließlich vor dem Amtsgericht Schöneberg Recht bekommen. "Es ist für uns furchtbar, dass wir hier ausziehen müssen. Wir haben die Räume erst 2004 renoviert und sehr viel Zeit und Geld da reingesteckt. Vergleichbare Räume in der Nähe zu finden ist fast unmöglich", klagt Renate Kühl, Erzieherin und Vorstand der Kita.

Der kombinierte Schüler- und Kinderladen wurde von Friedenauer Eltern 1986 gegründet. Er besteht eigentlich aus zwei verschiedenen Läden, von denen der hintere Teil erst 2004 dazu gemietet worden war. Der Eigentümer der Souterrainwohnung daneben hatte sich von diesem Zeitpunkt an von dem Lärm der Kinder gestört gefühlt und sich bei der Kita beschwert.

Zunächst ließ sich der Nachbar auf einen Kompromiss mit den Erzieherinnen ein. Die Kinder dürfen sich seitdem in dem angrenzenden Zimmer bis morgens halb neun gar nicht aufhalten. Laute Spiele finden grundsätzlich nur noch im Zimmer zur Straße statt. Der Anwohner befand den Lärm aber immer noch für zu laut und beschwerte sich beim Bezirksamt.

Das gab der Kita einige Auflagen: Zum Beispiel mussten Teppiche und Treppenbeläge angeschafft werden, die Lärm schlucken. Heizungsverkleidungen mussten von der Wand getrennt werden. Aber auch diese Maßnahmen waren nicht genug. Der Nachbar reichte schließlich Klage beim Amtsgericht Schöneberg ein. Das gab ihm Recht. Die Nutzung des hinteren Teils der Kita ist in der Teilungserklärung der Räume als Laden, nicht jedoch als Kindertagesstätte vorgesehen.

Der Schülerladen könnte zwar als solcher beibehalten werden, aber das würde dann auch das Ende des Konzeptes bedeuten. Es ist den Betreiben besonders wichtig, dass Schülerladen und Kita nicht getrennt werden. Ein Kind, das in die Schule kommt, muss sich so nicht auch noch in der Nachmittagsbetreuung an eine neue Umgebung und andere Menschen gewöhnen. Es kann weiterhin in die alte Kita gehen. Kühl hierzu: "Für das Kind bedeutet das einen nahtlosen Übergang. Der Wechsel von der Kita zur Schule bedeutet ja schon einen Umbruch. Zumindest nachmittags kann es dann in die vertrauten Räume zurückkehren." Viele Horte sind in Berlin laut Kühl schon in Schulen eingegliedert worden. Aber das würden sie gerade nicht wollen: "Kleine Einrichtungen sind besser für die Kinder, sie sind auch pädagogisch sinnvoller. Die Erzieher können sich einfach besser um die Kinder kümmern."

Die Kita sucht nun nach neuen Räumlichkeiten. Auch andere Möglichkeiten, wie zum Beispiel der Erwerb einer Immobilie, werden in Betracht gezogen, damit den Betreibern nicht noch einmal das Gleiche passiert. Allerdings hängt das von Sponsoren ab, da der Kita hierzu das Geld fehlt. Der Anwohner wollte sich zu dem Sachverhalt gegenüber der taz nicht äußern.

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