Kommentar: Kluger Kompromiss

Das Gericht hat zur Lösung eines konkreten Einzelfalls einen klug begründeten Kompromiss vorgeschlagen. Das klingt doch eigentlich wie eine ziemlich gute Idee.

Da ist sie wieder - die Kreuzzugsatmosphäre, die so oft die Debatte über das Zusammenleben von muslimischer Minderheit und sonst wie religiöser oder nicht religiöser Mehrheitsgesellschaft behindert. Ein Schüler beantragt, an seiner Schule einmal täglich eines der fünf Gebete verrichten zu dürfen, zu denen er sich durch seine muslimische Religionszugehörigkeit verpflichtet sieht. Die betroffene Schule lehnt das ab: Sie verweist auf das Neutralitätsgebot des Staates und hält religiöse Bekundungen an öffentlichen Schulen für nicht erlaubt. Das zur Klärung hinzugezogene Gericht gibt dem Schüler Recht. Es fordert die Schule auf, dafür zu sorgen, dass dessen Gebet eben gerade nicht zu einer öffentlichen Darstellung von Religionsausübung werden, sondern unter Ausschluss der sich vielleicht gestört fühlenden Öffentlichkeit stattfinden kann.

Wie ist das nun zu bewerten? Als Teil eines Kulturkampfes, in dem eine sich diskriminiert fühlende religiöse Minderheit aggressiv und mit allen Mitteln gegen eine sie misstrauisch und ängstlich beäugende Mehrheit kämpft? Oder als selbstverständliche alltägliche Auseinandersetzung in einer heterogenen Gesellschaft, die eben noch dabei ist, die Regeln des Zusammenlebens zu klären?

Es kommt dabei wohl ganz darauf an, was wir alle daraus machen. Wer aus dem Antrag eines 14-jährigen muslimischen Schülers auf ungestörte und nicht störende Religionsausübung das Schreckensbild entwirft, dass Schulstunden bald den islamischen Gebetszeiten zu folgen hätten, gießt ebenso Öl ins Feuer der Integrationsdebatte wie der, der in dem Beschluss einer Schule, Deutsch zur Umgangssprache zu machen, ein Verbot aller anderen Sprachen sieht. Das Gericht hat zur Lösung eines konkreten Einzelfalls einen klug begründeten Kompromiss vorgeschlagen. Das klingt doch eigentlich wie eine ziemlich gute Idee.

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