Halbzeitbilanz für Klaus Wowereit: Le Senat, cest moi!

Berlins Regierender Bürgermeister hat seinen Laden fest im Griff. Zwar muss er mit dem Vorwurf leben, arrogant zu sein, doch die Bilanz seiner Politik ist positiv.

Alles im Griff: Klaus Wowereit, hier bei einer Ausstellung über Audrey Hepburn Bild: dpa

Man muss ihn nicht mögen, diesen Mann mit dem silbergrauen Haar und dem zeitweise so gewinnenden Lächeln. Zu arrogant sind oft genug seine Attacken auf Oppositionspolitiker, sonstige Kritiker oder Journalisten.

Nichtsdestotrotz ist es vor allem dieser Mann, dem Rot-Rot eine positive Bilanz zur Halbzeit der Wahlperiode verdankt: Klaus Wowereit hat die wichtigsten Abstimmungen gewonnen, er hat einsame, aber bislang erfolgreiche Entscheidungen getroffen, und auf die zentralen Posten hat er fähige Personen gesetzt. Selbst die Wirtschaftsflaute fürchtet er nicht: "Am Ende wird Berlin gestärkt aus dieser Krise hervorgehen", sagte Wowereit am Dienstag auf seiner Bilanz-Pressekonferenz. Da ist etwas dran - und es ist auch sein Verdienst.

Wowereit hat zwei Gesichter. Das freundliche sah man etwa vor gut einer Woche auf dem taz-Kongress, wo er entspannt plauderte. An solchen guten Tagen schwärmen viele Bürger von ihm. Genervt war er dagegen an diesem Sonntag, als er im RBB-Fernsehen das Ergebnis des Volksentscheids kommentieren sollte. Zickig kann Wowereit sein, wenn er Fragen für zu simpel hält oder wenn Kommentare seine Sichtweise hinterfragen. So tritt er auch im Abgeordnetenhaus auf, wenn er sich angesichts der schon lange dahinsiechenden CDU weit überlegen fühlt. Die Opposition spricht bereits von den "Allüren eines Sonnenkönigs" und "absolutistischem Gehabe".

Doch die Erklärung dafür ist leicht: Wowereit hat in Berlin schlicht lange nicht mehr verloren. Zwei Volksentscheide gegen den von ihm geführten Senat scheiterten. Neue Konzepte, etwa für den Exflughafen Tempelhof, drückte er durch, ohne sich von Kritik irritieren zu lassen. Den Koalitionspartner führt er vor, wann und wie er will, ohne ihn komplett zu vergrätzen. Der Erfolg lässt Wowereit kritikresistenter werden.

Er hält den Laden so gut zusammen, dass beispielsweise auch ein zwischen SPD und Linkspartei stark umstrittenes Thema wie die Schulstrukturreform keine Spaltung brachte. "Wir schaffen ein zukunftsweisendes Schulsystem", sagte er am Dienstag. Die Bildungspolitik ist überhaupt ein gutes Beispiel für eine weitere Stärke Wowereits: Er hat für zentrale Politikfelder gute Leute in seinen Senat geholt. Thilo Sarrazin war wegen seiner Sprüche umstritten, aber der richtige Mann, um den laut Wowereit zwar "harten und unpopulären", aber dennoch notwendigen Sanierungskurs durchzusetzen. Jürgen Zöllner, aus Mainz als Supersenator für Bildung, Wissenschaft und Forschung geholt, hat zwar nicht die Superuni durchsetzen können, von der er anfangs sprach, aber die Schulstrukturreform, die man in der Koalition auch hätte zerreden können, ist einigermaßen zügig ins Abgeordnetenhaus gekommen.

Und auch eine anfangs große Unbekannte, die ihm der Koalitionspartner in den Senat brachte, wirkt zunehmend souverän: Katrin Lompscher, vormals Bezirksstadträtin, unterlief bei den viel diskutierten und fehlerträchtigen Themen Umweltzone und Gammelfleisch kein wirklicher Lapsus.

Wowereit und Rot-Rot profitierten in den vergangenen zweieinhalb Jahren zudem davon, dass große Teile der Opposition zeitweise deutlich mehr mit sich selbst als mit der Senatspolitik beschäftigt waren. Die CDU startete nach der Wahl 2006 von einem historischen Tief - und wurde zunehmend nervöser, als sich trotz des neuen Fraktionschefs Friedbert Pflüger die Umfragewerte nicht merklich besserten. Schließlich schlitterte sie im Herbst ins Führungschaos.

Bei der FDP spaltet seit Jahren der Führungsstreit zwischen Landeschef und Fraktionsvorsitzendem die Partei. Dass die Liberalen in Umfragen inzwischen zweistellig abschneiden, führt niemand ernsthaft auf die Arbeit der Landespartei zurück.

Zwar haben SPD und Linkspartei in Berlin seit November bei den Umfragen keine Mehrheit mehr, doch auch das braucht Wowereit nicht zu jucken: Sollte es bei der nächsten Wahl im Jahr 2011 nicht mehr für Rot-Rot reichen, kann er einfach die Grünen mit dazuholen - die wollten schon nach der letzten Wahl gern mitregieren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.