Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner: Lieblingssenator der Opposition

Fehlende Lehrer, Panne bei der Mathe-Prüfung, wütende Jugendstadträte, renintente Unis: Jürgen Zöllner wird von fast jedem kritisiert, auch im Parlament. Der Senator wirkt zunehmend lustlos

Leicht zerknautscht: Bildungssenator Jürgen Zöllner Bild: AP

Jürgen Zöllner fläzt sich in seinen Sitz. Während die Opposition im Abgeordnetenhaus den Bildungs- und Jugendsenator der SPD kritisiert, streckt er die Beine aus, lehnt sich zurück und blickt zur Decke. Zwar sind auch andere Senatoren nicht mit voller Aufmerksamkeit dabei, einige bearbeiten Akten. Aber niemand zeigt sich an diesem Donnerstag im Abgeordnetenhaus auf der Senatsbank so gelangweilt wie der Professor mit den weißen Haaren und der Fliege.

Dass Zöllner seinen Job gerade besonders satt hat, liegt am Spießrutenlauf der vergangenen Wochen - immer wieder geriet er in die Kritik. Auch an diesem Tag ist Zöllner das Lieblingsziel der Opposition. Neu ist, dass ihn jetzt auch die eigenen Koalitionsabgeordneten kritisieren: Die Abgeordnete Margit Barth von der Linksfraktion stellt eine Frage zur Schließung von Jugendräumen durch die Bezirke. Zöllner steht auf und liest unbeholfen eine mit sehr viel juristischem Vokabular gespickte Stellungnahme vor. Nicht nur Margit Barth findet das unverständlich: "Ich stelle meine Frage nochmal - vielleicht haben Sie sie auch schon beantwortet." Aber auch in Zöllners zweitem Antwortversuch offenbart er eigentlich nur, dass er sich mit seinem Parteikollegen, dem Finanzsenator Thilo Sarrazin, nicht einig ist.

Die nächste Runde läutet Sascha Steuer (CDU) ein. Der fragt, was Zöllner davon hält, dass der Bezirkselternausschuss von Friedrichshain-Kreuzberg wegen angeblich fehlender Lehrer den Bildungsnotstand ausgerufen hatte. Zöllner sagt, er wolle die Vorwürfe "nicht korrigieren". Dann stockt er kurz und berichtigt sich: Er wolle die Vorwürfe "nicht kommentieren". Der Senator wirkt abwesend.

Das dritte Thema ist das "Netzwerk Kinderschutz". Vor zwei Wochen waren Brandbriefe der Bezirke bekannt geworden, dass von den 24 geplanten zusätzlichen Mitarbeitern viele noch nicht eingestellt seien. Die Bezirke forderten auch, dass sie mehr Mitarbeiter vom freien Arbeitsmarkt einstellen können, die eine gute Ausbildung haben.

Weil es diese Sozialarbeiter immer noch nicht in ausreichender Zahl gibt, müssten Polizisten den Kinderschutz übernehmen, kritisiert die CDU-Abgeordnete Emine Demirbüken-Wegner während der Debatte. Auch die Linkspolitikerin Barth kritisiert den von ihrer Fraktion mitgetragenen Senat: "Mir ist unverständlich, warum die 24 Stellen immer noch nicht vollständig in den Bezirken angekommen sind", sagt sie. Als Zöllner in die Debatte eingreift, gesteht er ein, dass es da "an der einen oder anderen Stelle hakt". Er sichert die Stellen zu, sagt aber nichts zur umstrittenen Frage der Neueinstellung von Mitarbeitern aus dem freien Arbeitsmarkt - auch zwei Wochen nach dem Brandbrief der Bezirke ist die Sache noch nicht geklärt.

Auch anderswo hakt es in Zöllners Ressort: Die zentrale Datei mit allen Schülern kommt nicht so schnell voran wie versprochen. Das subventionierte Essen an Ganztagsgrundschulen verzögert sich. Die Schulen wissen nicht so früh wie erhofft, wie viele Lehrer sie im neuen Schuljahr bekommen. Und wie so häufig, wenn man kein Glück hat, kommt dann auch noch Pech hinzu: Die Aufgaben für die Mathe-Prüfung für den Mittleren Schulabschluss waren vorab vielen Schülern bekannt gewesen, die Klausur soll daher wiederholt werden (siehe Kasten).

Zöllner hat erkennbar immer weniger Lust, sich mit der Berliner Bildungslandschaft herumzuschlagen. Bis November 2006 war er noch Wissenschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz und war von dort freiwillig nach Berlin gekommen, um hier die drei Berliner Unis zu einer "Super-Uni" zu formen. Der Plan scheiterte in dieser Woche. Stattdessen muss er sich jetzt mit verstopften Toiletten in einzelnen Schulen herumschlagen.

Nach zweieinhalb Stunden Anklage darf Zöllner den Plenarsaal verlassen - was er auch schnell tut: Einmal blickt er noch vieldeutig lächelnd in den Saal, dann ist er weg. Es war wieder mal kein schöner Tag für den einstigen Supersenator.

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