Abgeordnetenhaus: Neue Plätze, alte Mehrheiten

Opposition testet nach Parteiaustritten die rot-rote Mehrheit. Vergeblich: Die Koalition steht - mit der Ex-Grünen Bilkay Öney

Ein Hammelsprung kann ein sehr plakativer Weg sein, der Regierung das Fehlen einer Mehrheit nachzuweisen. Wenn Abgeordneten einzeln durch Türen gehen müssen, die für Ja und Nein stehen, dann hat es hohe Symbolkraft, wenn ein Mitglied des Senatslagers mit der Opposition geht. Nach den jüngsten Parteiaustritten hofften die Grünen offenbar auf weitere Abweichler, als sie im Abgeordnetenhaus zu einer unbedeutenden Frage einen solchen Hammelsprung beantragten. Der Versuch lief allerdings ins Leere: Die Koalition stand angesichts einer solchen Herausforderung fester denn je.

Mit den einstimmig votierenden Abgeordneten von SPD und Linkspartei ging am gestrigen Donnerstag auch die Ex-Grüne Bilkay Öney durch die Ja-Tür in den Plenarsaal. "Ich habe doch gesagt, dass ich meine neue politische Heimat in der SPD sehe", sagte die 38-Jährige nach dem Hammelsprung. Öney hatte am Dienstag überraschend Partei und Fraktion der Grünen verlassen.

Ganz so deutlich war zu Sitzungsbeginn zumindest optisch noch nicht, wohin Öney gehen würde. Statt inmitten der SPD-Abgeordneten saß sie isoliert in der hintersten Reihe des Abgeordnetenhauses, wie es die Parlamentsordnung für Fraktionslose vorsieht. Einziger äußerer Hinweis auf mögliche Affinität: Es war zwar die letzte Reihe, aber jene hinter der SPD-Fraktion. Öney ließ gegenüber der taz keinen Zweifel daran, dass dieser Zustand absehbar ein Ende hat, weil sie als Fraktionslose nur eingeschränkte Arbeitsmöglichkeiten hat.

Angesichts der jüngsten Verwerfungen hatte die Verwaltung des Abgeordnetenhauses den Sitzplan überarbeitet. Der sah nicht nur Öney an anderer Stelle. Canan Bayram, die vergangene Woche den umgekehrten Weg nahm und von der SPD zu den Grünen wechselte, rückte von den sozialdemokratischen Hinterbänken mitten in die Grünen-Fraktion. Dort ist sie offenbar nicht nur zufällig zwischen den beiden Kreuzberger Abgeordneten Dirk Behrendt und Heidi Kosche platziert - beide sollen bei Bayrams Wechsel eine Rolle gespielt haben.

Ein anderer Abgeordneter, der erst tags zuvor seine Partei verlassen hatte, saß hingegen dort, wo er seit Beginn der Wahlperiode sitzt: Der Haushaltspolitiker Carl Wechselberg bleibt der Linksfraktion auch ohne Mitgliedsbuch in der Mitte der dritten Reihe erhalten. Vom Rednerpult des Parlaments aus nahm ihn dann auch seine Fraktionschefin Carola Bluhm indirekt in die Pflicht, dort zu bleiben: Angesichts der jüngsten Austritte und Wechsel würden sich viele Menschen fragen, ob ein Parlamentsmandat Privateigentum sei.

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