Kommentar: Noch keine Vorentscheidung

Eine heterogene Jury soll über den Architektenwettbewerb zur Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses entscheiden. Nun kommt es auf die Ideen der Wettbewerbsteilnehmer an.

Der Würfel ist gefallen. Die Jury für die Humboldt-Forum genannte Kopie des Stadtschlosses steht fest. Und weil eine Entscheidung für eine Jury immer auch eine Vorentscheidung für die eigentliche Bauaufgabe ist, hat nun die Stunde der Deuter und Deutler geschlagen.

Ist die Wahl von Giorgio Grassi und Vittorio Lampugnani, den alten konservativen Kämpfern für eine angeblich "kritische" Rekonstruktion der Stadt, nicht rückwärtsgewandt? Wird dies nicht noch zementiert durch Peter Zlonicky, unter dessen Vorsitz eine Jury in Leipzig über dem umstrittenen Wiederaufbau der Paulinerkirche zusammensaß?

Garantiert, umgekehrt, ein Peter Kulka, dass die Rekonstruktion des Stadtschlosses nicht nur als Peinlichkeit daherkommt wie das Hotel Adlon? Immerhin hat Kulka den barocken Mythos seiner Heimatstadt einmal als "Lebenslüge" bezeichnet, während er selbst mit dem Neubau des Dresdner Landtags einen modernen Akzent gesetzt hat.

Und was ist mit den beiden Frauen in der Jury, Petra Kahlfeldt und Gesine Weinmiller? Gibt es auch einen "weiblichen Blick" auf eine Bauaufgabe wie das Humboldt-Forum? Oder müssen wir uns, wie bei Kahlfeldts neoklassizistischen Villen, auf ein reaktionäres "Zurück in die Zukunft" einstellen? Und arbeitete Gesine Weinmiller nicht eine Zeit lang im Büro von Hans Kollhoff, jenem Architekten, für den das 19. Jahrhundert "noch lange nicht ausgeschöpft" ist?

Ganz gleich, zu welchem Ergebnis die Deuter und Deutler auch kommen, eine Vorentscheidung für das Humboldt-Forums ist noch nicht gefallen. Dazu ist die Jury, zu der auch noch David Chipperfield, Architekt der neuen Museumsinsel, und HG Merz mit seinem Entwurf für das flotte Mercedes Benz Museum gehören, zu heterogen.

Entscheidend wird also sein, was die Architekten der Jury zur Auswahl einreichen. Dass die Kuppel auf dem Schloss keine Pickelhaube sein muss, ist eine gute Nachricht. Allerdings nur dann, wenn die Kuppel nicht die Spielwiese für moderne Entwürfe ist, während es darunter streng und gestrig zugeht.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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