Berliner Verkehrsstatistik: Nur Exoten fahren Auto

Berliner nutzen zunehmend Rad, Bus und Bahn. In Friedrichshain-Kreuzberg sind Autobesitzer eine vom Aussterben bedrohte Minderheit. Dennoch: Die Zahl der Unfälle mit Personenschäden steigt.

Typischer Berliner Verkehrsteilnehmer Bild: Reuters

Berlin ist auf bestem Wege, sich zur autofreien Stadt zu entwickeln. Immer mehr Strecken werden zu Fuß, mit den öffentlichen Verkehrmitteln und dem Rad zurückgelegt. Das geht aus der Broschüre "Mobilität der Stadt" hervor, die der Verkehrsexperte der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Friedemann Kunst, am Mittwoch vorstellte.

Zusammengenommen 1,29 Milliarden Fahrgäste zählten BVG und S-Bahn im Jahr 2006.

Berlins Flughäfen verzeichneten 2006 18,5 Millionen Passagiere . Tempelhof: 635.000.

1.262.121 Kraftfahrzeuge waren 2006 in Berlin gemeldet.

Berlin hat 170 U-Bahn-, 132

S-Bahn-, 19 Regionalbahnhöfe.

20 Prozent des Parkraums in Mitte werden bewirtschaftet, aber nur 1 Prozent in Spandau.

Das Mobilitätsverhalten der Bürger habe sich "im Sinne unserer politischen Ziele stark verändert", sagte Kunst. Der Senat setze auf die Stärkung umweltfreundlicher Verkehrsmittel. Der motorisierte Straßenverkehr habe zwischen 1998 und 2005 auf allen Straßen um durchschnittlich zwei Prozent abgenommen, so Kunst. Nimmt man die Autobahn aus, steige diese Zahl auf sechs Prozent, betrachtet man nur die Innenstadtbezirke, auf bis zu 10 Prozent.

Auch die Zahl der Autos ist erneut gesunken - auf jetzt bei 317 Pkws pro 1.000 Einwohner, in Bezirken wie Friedrichshain-Kreuzberg sogar unter 200. In Frankfurt/Main oder Stuttgart liege die Quote bei 600 bis 700 Pkw pro tausend Einwohner. Die Motorisierung der Berliner sei damit bundesweit "konkurrenzlos niedrig" - was zum einen mit dem guten Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln, aber eben auch mit der klammen Finanzlage vieler Berliner zusammenhänge.

Die umweltfreundlichen Fortbewegungsmittel werden dagegen immer häufiger in Anspruch genommen. Seit Mitte der 70er steigt der Fahrradverkehr in der Stadt wieder an. Allein im Vergleich zu 2001 waren 2007 18 Prozent mehr Fahrradfahrer unterwegs. Das trifft besonders für die Innenstadtbezirke wie Mitte zu. Hier zählten die Statistiker fast 40 Prozent mehr Radler. Aber selbst in Randbezirken wie Spandau strampeln mehr Bürger über die Straßen.

Kunst führte diese Entwicklung auf den Ausbau des Radwegenetzes zurück. Berlins Hauptstraßen hätten eine Gesamtlänge von 1.500 Kilometern. Denen stünden inzwischen immerhin 950 Kilometer Radwege gegenüber. Die Infrastruktur-Rückstände der Nachwendezeit seien weitestgehend behoben. "Wir haben inzwischen ein hervorragendes Verkehrsnetz." Davon machen die Berliner auch im Nahverkehr zunehmend Gebrauch. Die S-Bahn verzeichnet seit Anfang der 90er-Jahre stete Zuwächse, heißt es in der Broschüre. Seit 1999 sei das auch bei der BVG wieder der Fall.

Weniger erfreulich ist die Unfallstatistik. Die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschäden steigt nach lange rückläufiger Tendenz seit 2005 wieder an und lag 2006 bei knapp 14.000. Fußgänger und Radfahrer sind besonders gefährdet: Ihr Anteil an den Verkehrstoten liege seit Jahren bei "deutlich über 50 Prozent". Gründe dafür seien ihre besondere Verwundbarkeit und ihr hoher Anteil an den Verkehrsteilnehmern. Dazu komme eine "schleichende Erosion der Verkehrsdisziplin" bei Radfahrern - und der demografische Wandel, sagt der Verkehrsexperte Kunst. Ältere Menschen reagierten in brenzligen Situationen häufig unsicher oder könnten ihre Bewegungen weniger gut koordinieren. Verkehrserziehung für Senioren sei daher eine der neuen Herausforderungen für die Verkehrspolitik.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.