Bildung: Offene Uni macht die Türen zu

Das fünf Jahre alte alternative Projekt an der HU steht vor dem Aus. Interne Kritiker fordern Auflösung und Neustart. Statt des Anspruchs Bildung für alle herrschten Klüngel, Machtkämpfe und Mobbing.

Die Tür ist verschlossen. "Bitte klingeln" steht auf einem handgemalten Schild, das an der Tür der alten Villa im Garten hinter der Charité in Mitte klebt. Dahinter hat die Offene Universität (OUBS) ihr Domizil. Wer eingelassen wird, glaubt, das Wohnzimmer einer alternativen Wohngemeinschaft zu betreten. Fünf Männer und eine Frau sitzen an diesem Nachmittag um einen großen Tisch und bereiten Essen zu. Bücher und Zeitungen liegen auf verschiedenen Tischen und Schränken.

"Wir müssen wissen, wer hier reinkommt. Denn eigentlich sollen wir schon längst raus sein", begründet ein Mann mit längeren dunklen Haaren, der sich als Sokrates vorstellt, die verschlossene Tür. Die Offene Uni wurde im Streik 2003 an der Humboldt-Universität (HU) gegründet. Anfangs organisierten sich dort studentische Gruppen und boten unter anderem alternative Vorlesungen und Kurse sowie kulturelle Veranstaltungen an. Deren Teilnehmer mussten keine Studierenden sein - das war eines der Grundprinzipien. Später trafen sich in den Räumen auch andere linke und zivilgesellschaftliche Gruppen, etwa das Sozialforum.

Damit könnte es bald endgültig vorbei sein. "Vor wenigen Tagen sind etwa 30 Personen ins Haus gekommen und haben unseren unverzüglichen Auszug gefordert", berichtet Volker. Nach kurzer Bedenkzeit habe man dieses Ansinnen aber zurück gewiesen. Die OUBS bleibe ein offener Raum, bekräftigen Sokrates und Volker, die Wortführer der kleinen Gruppe, die insgesamt aus etwa 20 Leuten besteht. Für sie ist die Offene Uni weniger Bildungsstätte als ein verlängertes Wohnzimmer.

Silke Baumann gehörte zu der Gruppe, die am Donnerstag zur Räumung aufgefordert hatte. Für sie ist das alternative Projekt gescheitert. Der alltägliche Umgang sei zunehmend von Machtkämpfen, Demütigungen und Mobbing bestimmt gewesen, berichtet auch Thomas Knauf, der die OUBS mitgegründet hatte. Während sich viele aktive Gruppen und Einzelpersonen in den letzten Monaten aus der OUBS zurückgezogen hätten, sei sie für eine kleine Gruppe zum Lebensmittelpunkt geworden.

Die Schließung wollen Knauf und seine MitstreiterInnen für einen Neustart des Projekts nutzen. Dabei hofft man auf die Unterstützung verschiedener Projekte und Kurse, die in den letzten Jahren die OUBS nutzten und sich wegen der Spannungen zurückzogen.

Als Vorbild und Beispiel für einen gelungenen Neustart nennt Knauf den Projektraum in der Hermannstraße 48 in Neukölln. Auch er sei als Offener Raum, der von allen Interessierten aus dem Stadtteil genutzt werden sollte, in die Krise geraten, werde jetzt aber nach einer vorübergehenden Schließung mit einem neuen Konzept als Projektraum wieder verstärkt frequentiert.

Die aktuellen Auseinandersetzungen könnten auch Auswirkungen auf den rechtlichen Status der OUBS haben. Für die Verwaltung der HU ist der ReferentInnenrat (Refrat) der offizielle Vertragspartner. Er hat für die OUBS eine Nutzungsvereinbarung für das Gebäude abgeschlossen. "Sollte sich der Refrat von der OUBS förmlich distanzieren, würde die Verwaltungsvereinbarung gegenstandslos", erklärt Ewald Schwalgin, der Sprecher des für Haushalt, Personal und Technik am Campus zuständigen HU-Vizepräsidenten Frank Everlage. "Da sich die HU an nicht universitätsgebundenen Projekten durch mietfreie Überlassung eines Gebäudes nicht beteiligen darf, müsste die OUBS dann das Gebäude räumen."

Allerdings sei der Refrat diesbezüglich nicht an die HU herangetreten, betont Schwalgin. Das habe man auch nicht vor, betonte Katharina Paar vom Öffentlichkeitsreferat. Die OUBS sei ein autonomes Projekt und müsse versuchen, ihre Probleme selber lösen.

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