Kommentar: Pflügers letzter Hieb

Friedbert Pflüger wollte die Partei öffnen für ökologische und soziale Themen und nicht zuletzt für schwarz-grüne Farbenspiele. Muss Pflüger das Feld räumen, kommen wieder die Alten ans Ruder. Eine Modernisierung der Berliner CDU kann man dann auf absehbare Zeit getrost vergessen.

Friedbert Pflüger hat es am Montag geschafft, die Akteure im Berliner Politikbetrieb nachhaltig zu verblüffen. Erst hieß es, er wolle nicht mehr CDU-Landeschef werden. Am Nachmittag dann überraschte der Fraktionsvorsitzende mit einem Rückzug vom Rückzug: Statt sich frustriert aus der Landespolitik zu verabschieden und hinzuschmeißen, wie es alle erwarteten, erneuerte er seinen Anspruch auf den Chefposten in seiner Partei - und wiederholte damit die Kampfansage an seine Gegner, die Westberliner Gestalten um Ingo Schmitt.

Ein reichlich gewagter Schritt: Denn es ist völlig rätselhaft, wie Pflüger sich nach den Vorfällen der letzten Tage noch eine Mehrheit organisieren will. Die Gräben zwischen ihm und dem farblosen, aber einflussreichen Schmitt werden mit jeder öffentlichen Anschuldigung - Putschversuch! Fauler Kompromiss! - tiefer. Was noch viel schwerer wiegt: Weil er unberechenbar geworden ist, gehen selbst Pflügers Unterstützer auf Distanz.

Warum er sich das antut? Pflüger ist ein erklärter Gegner von Hinterzimmer-Kungeleien. Schon über das Herrschaftssystem Helmut Kohl hat er ein vernichtendes Buch geschrieben. Die Berliner CDU ist in dieser Disziplin ganz groß. Mit seinem Beharren, Landes- und Fraktionschef in einer Person zu vereinen, hofft Pflüger offenbar, den verhassten Strippenziehern einen Hieb zu verpassen.

Es dürfte sein letzter sein. Das Traurige an der Entwicklung: Wenn am Ende die Steffels, Henkels und Schmitts gewinnen, dann ist nicht nur Pflüger gescheitert. Der Fraktionschef, der erst vor zwei Jahren auf die Landesebene wechselte, steht für eine liberalere, großstädtischere CDU. Er wollte die Partei öffnen für ökologische und soziale Themen und nicht zuletzt für schwarz-grüne Farbenspiele. Muss Pflüger das Feld räumen, kommen wieder die Alten ans Ruder. Eine Modernisierung der Berliner CDU kann man dann auf absehbare Zeit getrost vergessen.

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