Kommentar Polizeieingriff: Polizei ist nicht zu blöd für Karneval

Mit dem Schlagwort "unangemeldete Demonstration" verdreht die Polizei das Demonstrationsrecht so sehr, bis am Ende eine Festnahmevollmacht herauskommt.

Sind Berliner Polizisten eigentlich zu dumm für Karneval? Zumindest haben sie als typische Berliner keine Ahnung von dieser Feierkultur. Sonst wären sie niemals auch nur auf die Idee gekommen, Teilnehmer des Karneval der Kulturen aufzuhalten, bloß weil die eine Meinung demonstrativ zum Ausdruck bringen. Denn schon nach einer einzigen TV-Übertragung am Rosenmontag ist klar, dass die Orginalumzüge im Rheinland vielleicht etwas bieder, aber stets explizit politisch daherkommen.

Doch die Polizei ist nicht dumm. Viel schlimmer: Hinter ihrem Vorgehen steckt unübersehbar Konzept. Die Grünkostümierten haben ein neues Lieblingsspielzeug: die "unangemeldete Demonstration". Die sehen sie immer dann, wenn zwei oder drei im Namen von irgendwem oder irgendwas zusammen stehen. Vor gut zwei Wochen nahm die Polizei eine Gruppe politisch interessierter Leute hopps, die vor einem Cafe saßen, jetzt ein paar Karnevalisten. Die im Grundgesetz verbriefte Demonstrationsfreiheit wird so sehr verdreht, dass eine Generalvollmacht für Festnahmen herauskommt. Die Frage ist daher nicht, ob die Polizei zu blöd ist, sondern wer diesen Mist angeordnet hat.

Bis vor kurzem hatte Polizeipräsident Dieter Glietsch stets kritische Worte für Fehlverhalten in seiner Truppe gefunden. Jetzt hält er sich zurück. Ein Aufschrei der rot-roten Innenpolitiker ist auch nicht zu vernehmen. Von wie weit oben wird das skandalöse Vorgehen der Ordnungshütern eigentlich gedeckelt?

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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