Haushaltsdebatte im Abgeordnetenhaus: Rot-Rot redet drüber

Am Rednerpult mühen sich SPD und Linke, die Koalition geschlossen darzustellen. Im Plenum ist anderes zu sehen.

Ob sie mit ihren Auftritten zufrieden waren? Nußbaum, Wowereit und Körting am Donnerstag im Parlament Bild: dpa

Sie gaben sich alle Mühe. Hörte man am Donnerstag Michael Müller und Udo Wolf, die Fraktionschefs von SPD und Linkspartei, so läuft es im Grunde ganz gut in der rot-roten Koalition. Sicher, bei mancher Entscheidung habe man sich schwergetan, räumte Wolf im Abgeordnetenhaus ein. Aber es sei doch völlig normal, dass Partner auch mal unterschiedliche Ansichten haben. Dumm bloß für die beiden, dass im Plenarsaal auch ganz anderes zu beobachten war, als das Abgeordnetenhaus den Doppelhaushalt 2010/2011 debattierte.

Wolf stand schon einige Minuten am Rednerpult und pries Errungenschaften von Rot-Rot, als Linkspartei-Chef Klaus Lederer quer durchs Plenum ging und sich vor den Reihen der SPD aufbaute. Dort redete er mit immer ernsterem Gesicht auf die Fraktionsspitze ein, gestikulierte, wies mit dem Finger schier drohend auf die Sozialdemokraten.

Das Parlament hat mehrere Gesetze und Verfassungsänderungen verabschiedet. Mit der Änderung des Fraktions- und des Landesabgeordnetengesetzes steigen die Bezüge der 149 Abgeordneten ab 2010 um fast 10 Prozent. Demnach erhöhen sich die Diäten um 282 auf 3.233 Euro.

Das neue Kita-Gesetz sieht eine bessere Personalausstattung der Einrichtungen vor. Schrittweise sollen zusätzlich 1.800 Erzieherinnen eingestellt werden, um die Betreuungsqualität zu verbessern. Zugleich ist festgeschrieben, dass die Gebühren für das zweite und das erste Kita-Jahr 2010 beziehungsweise 2011 entfallen.

Durch das neue Kinderschutzgesetz sollen Gefährdungen für das Kindeswohl durch Vernachlässigung oder Gewalt frühzeitig erkannt und überforderten Eltern Hilfen angeboten werden.

Die Bezirksämter werden wie bisher nach Proporzsystem, also dem Anteil der Parteien am Wahlergebnis, gebildet. Ohne die Regelung wäre Anfang 2010 das sogenannte politische Bezirksamt automatisch Gesetz geworden.

Im zweiten Anlauf wählte das Parlament eine neue Präsidentin des Landesrechnungshofs. Für Marion Claßen-Beblo votierte die große Mehrheit bei zehn Neinstimmen und neun Enthaltungen.

Er habe die SPD zum Klatschen ermahnt, tönte es aus den Reihen der Grünen, die zwischen den Koalitionsfraktionen sitzen. Lederer bestätigte später genau das der taz - "immerhin war es die erste Haushaltsrede von Udo Wolf als neuem Fraktionschef". Die Mahnung an die Kollegen der SPD hielt auch Uwe Döring für nötig, der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion: "Die waren ja wie weggedämmert." Tatsächlich rührten sich fortan bei der SPD ein paar Hände mehr für Wolfs Worte.

Nur wenig später aber ließ eine zweite Beobachtung erneut am guten Einvernehmen bei Rot-Rot zweifeln. Lederer querte dabei wieder die Freifläche zwischen Rednerpult und Abgeordnetenbänken. In Gegenrichtung unterwegs: SPD-Chef Müller. Beider Schultern streiften sich fast, doch gab es, soweit erkennbar, auf ihren Gesichtern keine Regung, kein Lächeln, keine Mundbewegung.

Es hatte während der Haushaltsberatungen mehrfach gekracht zwischen den Koalitionspartnern. Müller etwa hatte sich kritisch zum öffentlich geförderten Beschäftigungssektor geäußert, einem Vorzeigeprojekt der Linkspartei. Das gegenseitige Vertrauen war erschüttert, als eine geheime Abstimmung zur Wahl der Rechnungshofpräsidentin an zwei fehlenden Jastimmen scheiterte.

Der anfänglich maue SPD-Zwischenapplaus für Wolf wirkte wie ein direkte Bestätigung für CDU-Fraktionschef Frank Henkel. Der hatte unmittelbar vor Wolf gesprochen und die Koalition tief in der Krise gesehen: Rot-Rot sei "eine völlig zerrüttete Beziehung, bei der jeder Partner nur zu bequem ist, endlich seine Sachen zu packen und zu gehen". Generell kritisierte die Opposition die Finanzpolitik von Rot-Rot und den Haushalt, der am Abend zur Abstimmung anstand. Sie vermisste vor allem Schwerpunkte. Die Koalition wiederum sprach von klaren Prioritäten für Bildung und Wissenschaft.

Es war die Rede von Klaus Wowereit (SPD), die Sozialdemokraten und Linkspartei zumindest an diesem Donnerstagmittag zusammenbrachte. Attacken und Spott gegen die Spitzen der Opposition, viel Gestikulieren mit der linken Hand - lauter Applaus ertönte, nachdem der Regierende Bürgermeister vor allem CDU-Chef Henkel abgekanzelt hatte. Die Union werde 2011 bei der Abgeordnetenhaus da sein, hatte der getönt. "Sie werden in der Tat da sein", sagte Wowereit. "Sie werden da bleiben, wo sie sind - in der Opposition."

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