Deutsche Sprache in die Landesverfassung?: Rot-Rot regiert weitgehend deutsch

Be deutsch, be Reinheitsgebot, be Berlin? Eigentlich halten sich die Senatoren schon heute mit Anglizismen zurück. Einzige Ausnahme: Jürgen Zöllner. Nicht Englisch ist also das Problem in Berlin, sondern der Verwaltungssprech.

Manchmal spricht er, als sollte man ihn nicht Jürgen Zöllner, sondern George Tollkeeper nennen. Bei der Verleihung des Leibnizpreises erwähnt er die internationale "science community", nach dem Erfolg der FU in der Exzellenzinitiative betont er, dass Berlin noch "sieben Cluster" im Rennen hat. Auch sonst ist der SPD-Supersenator, der aus dem gemütlich-deutschen Mainz an die Spree kam, dem Anglizismus nicht abhold. Mal geht es um "diversity management", mal um "early excellence", Thesenpapiere werden zu "handouts" und ob Berlin vorne liegt oder eher hinten, liest man im neuesten "ranking".

Nun ist ein Wissenschaftssenator auch ein Senator der Wissenschaft, und bestimmt würde sich mancher über Jürgen Zöllner lustig machen, wenn er den "speech" der "scientific community" nicht drauf hätte. Gleichwohl wäre seine Verwaltung die erste, die sich an die Nase fassen müsste, wenn Berlin seine Verfassung um den Passus ergänzte: "Die Landessprache ist Deutsch."

Weniger Probleme damit hätte wohl einer, der sonst um keinen Spruch verlegen ist. Doch die Anwürfe von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) haben alle eines gemeinsam - es sind deutsche Sprüche. Den Studenten, die sein Büro besetzten, sagte er nicht "fuck off, asshole", sondern: "Ihr seid alle Arschlöcher!" Auch wenn er vom "kleinsten Problem der Hartz-IV-Empfänger" - dem Untergewicht - spricht, löst sich kein Anglizismus von der Zunge. Wahrscheinlich kennt Sarrazin das Wort "underclass" nicht einmal. Zumindest das hat er mit dem Stammtisch gemeinsam. Und dass er in Berlin so viele Leute mit "Trainingshosen" sieht, sei ihm verziehen. "Sportleibchen" würde heute keiner mehr sagen.

Mit seinen deutschen Sprüchen gibt Sarrazin im Senat den guten Ton vor. Fast ohne Englisch kommt auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) aus. Und Justizsenatorin Gisela von der Aue nimmt "Englisch" nur in den Mund, wenn mal wieder "Handys" über Knastmauern fliegen. Ganz zu schweigen von der linken Ostsenatorin Katrin Lompscher. Die hat schon Mühe mit dem Hochdeutsch.

Nicht Englisch ist aber noch lange nicht gut - wie das Beispiel von Ingeborg Junge-Reyer (SPD) zeigt. Gäbe es die Auszeichnung "Sprechender Aktendeckel des Jahres", hätte die Stadtentwicklungssenatorin ihn sich das vierte Mal in Folge verdient. Eine kleine Kostprobe gefällig? "Mit dem Instrument der Internationalen Gartenbauausstellung wird die ohnehin erforderliche Entwicklung der Parklandschaft Tempelhofer Feld kraftvoll einer breiten Öffentlichkeit präsentiert", freute sich Junge-Reyer nach der jüngsten Senatssitzung. "Mit der Internationalen Gartenschau sollen beispielhaft neue, qualitätsvolle Antworten auf die Zukunftsfragen der Berliner Stadt- und Freiraumentwicklung gegeben werden, die einen nachhaltigen Effekt in der Stadt hinterlassen werden."

Ein bisschen Empowerment, Mrs Young-Egret, würde da nicht schaden. UWE RADA

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